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V.  Muß man den gewinnbaren Atomkrieg gewinnen?    Eppler-1983

«Wer versucht, die totale, letztlich einseitige Abschreckung zu erreichen, dürfte nur das totale Wettrüsten in Gang setzen. Und dies könnte genauso enden wie die tatsächlich errüstete Überlegenheit: in dertödlichen Konfrontation. Wenn jede Möglichkeit moderner Waffentechnik bis zum äußersten genutzt würde, könnte dies sehr wohl zu dem Punkt führen, wo beide Seiten überzeugt sein müßten: Wer zuerst schießt, braucht nicht mehr als zweiter zu sterben, er hat in jedem Fall die größere Chance zu überleben und damit zu gewinnen.»

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Am 23. August 1982 schrieb Verteidigungsminister Weinberger einen Brief an dreißig amerikanische und vierzig ausländische Zeitungen. Das sei alles nicht wahr, was er da in den Zeitungen lese. Die USA wollten keinen Atomkrieg gewinnen. «Unsere ganze Strategie zielt darauf, vor Krieg jeder Art abzuschrecken, ganz besonders vor einem Atomkrieg.»(1) Es seien nicht die USA, «sondern die Sowjets, die ihre Waffen so entwerfen und in solchen Mengen bauen, daß sie uns anzeigen, wie sie einen Atomkrieg beginnen und gewinnen können.»(2)

Nicht von den Absichten der Sowjetunion ist da die Rede, sondern von ihren Fähigkeiten, von dem, was sie mit ihren Waffen - vielleicht - versuchen könnte. Weinberger schließt, wie die Sowjets natürlich auch, aus den Waffen auf die Absichten, die der Gegner haben müsse. Warum sollte er nicht wollen, was er - vielleicht - könnte?

Weinberger hatte Anlaß, seinen Brief zu schreiben. Vorangegangen waren zwei Veröffentlichungen, eine in der New York Times vom 31.5.82, eine andere in der Los Angeles Times vom 15. August, also eine Woche vor Weinbergers Brief. Beide bezogen sich auf einen Fünf-Jahres-Plan für die Jahre 1984-88, genannt «Verteidigungs-Leitlinien (Fiscal Year 1984-88 Defense guidance)».

Schon in der New-York-Times war aus dem 136-Seiten-Papier, vom Nationalen Sicherheitsrat im Oktober '81 gebilligt, von Weinberger am 22.3.82 auf den Weg gebracht, der Satz zitiert worden, die amerikanischen Atomstreitkräfte müßten «die Überlegenheit besitzen und in der Lage sein, die Sowjetunion zu zwingen, die frühestmögliche Beendigung der Feindseligkeiten anzustreben unter Bedingungen, die für die USA günstig sind.»(3) Diese Übersetzung ist nicht unumstritten.

1 zit. nach The New York Review of Books vom 4.11.82    wikipedia  Caspar_Weinberger  1917 in Frisco bis 2006

2 a.a. O..S. 27

3 zit. Nach Blätter/, dt. u. internal. Politiker. 8/1982, S. 1012


Im englischen Text lautet die Stelle: «... must prevail and be able to force the Soviet Union to seek earliest termination of hostilities on terms favourable to the United States.» - «Prevail» wird gewöhnlich übersetzt mit «die Oberhand behalten», und so ist der Satz in den USA auch verstanden worden, zumal an einer andern Stelle davon die Rede ist, die US-Atom-Streitkräfte müßten «prevail even under the condition of a prolonged war».4 Und hier kann man nur übersetzen: die US-Atomstreitkräfte «müssen auch unter der Bedingung eines längeren Atomkrieges die Oberhand behalten».

Der amerikanische Militär-Publizist Theodore Draper hat im November 1982 Weinberger in einem offenen Brief geantwortet.5 Er wirft dem Verteidigungsminister nicht vor, er wolle den Atomkrieg.

«Sie wären ja verrückt, wenn Sie ihn wollten. Aber darum geht es nicht. Die Frage ist, ob es nur die Sowjetunion ist, die, wie Sie behaupten, Streitkräfte für einen länger andauernden Atomkrieg aufzubauen scheint. In Wirklichkeit leugnen Sie, was Ihnen niemand vorwirft, um zu verdecken, was Sie wirklich zu tun versuchen.»(6)

Draper erinnert den Minister an ein Interview, das er am 9. August 1982 gegeben hatte. Dort hatte er dem Publizisten Holloran geantwortet:

«Zeigen Sie mir einen Verteidigungsminister, der plant, nicht die Oberhand zu behalten (who is planning not to prevail), und ich werde Ihnen einen Verteidigungsminister zeigen, der unter Anklage gestellt werden sollte (ought to be impeached).»7

Draper bemüht das Wörterbuch: Dort steht unter «prevail»: «Die Oberhand gewinnen - gain ascendancy - durch Stärke oder Überlegenheit». Und eben dies sei das Ziel der Regierung, auch in einem Atomkrieg.

  • 4 zit. nach The New York Review of Books, 4.11.82, S. 26

  • 5 a.a.O.,S. 26-30

  • 6 a.a.O.,S.27

  • 7 a.a.O.,S.27

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Am 16. Janurar 1983 brachte die Nachrichtenagentur United Press International (UPI), der die «Leitlinien» im vollen Text zugespielt wurden, einige zusammenfassende Feststellungen, die bestätigen und präzisieren, was die New York Times und die Los Angeles Times berichtet hatten.(8) Danach ist aus der Defense guidance unter anderem folgendes zu entnehmen:

  1. Sie sind gedacht als Grundlage für die Budget-Forderungen von 1,556 Billionen Dollar in fünf Jahren.

  2. Sie gehen davon aus, «daß es keine Möglichkeit eines Übereinkommens (accommodation) und einer friedlichen Koexistenz mit der Sowjetunion gibt».

  3. «Gegen alles Leugnen der Reagan-Regierung» verlangen die Leitlinien, daß die USA in der Lage sein müßten, auch einen längeren Atomkrieg durchzukämpfen und zu gewinnen.

  4. Die Prämisse eines länger andauernden atomaren Schlagabtausches zwischen den Supermächten wurde schon lange vor Reagan von den amerikanischen Planern übernommen.

  5. Das Dokument zeigt den subtilen, aber bedeutsamen Übergang von Carter zu Reagan. Carter habe sicherstellen wollen, daß die Sowjetunion «nicht gewinne», Reagan gehe es darum, «sie (die Sowjetunion) zu überleben, indem die USA genug nukleare Schlagkraft behalten, um einen amerikanischen Sieg zu garantieren» (the Reagan view of outlasting them by retaining enough nu-clear punch to guarantee American victory).

  6. Daher müßten die USA unter allen Umständen immer nukleare Offensivkraft in Reserve haben, so daß die USA niemals aus einem Atomkrieg hervorgingen ohne Nuklearwaffen, solange der Gegner noch solche habe.

  7. Zu dieser Strategie gehört u. a. ein Plan zur Enthauptung (decapitating) der militärischen und politischen Machtstruktur der Sowjetunion.

  • (8) zit. nach Anhang zum Nachrichtenspiegel des Bundespresseamtes vom 17.1.83

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8. Die Leitlinien fordern Vorbereitungen dafür, den Krieg vom Weltraum her zu führen. Daher dürften keine Verträge geschlossen werden, welche die USA daran hindern könnten, Weltraumwaffen zu entwickeln, «die unseren militärischen Fähigkeiten eine neue Dimension hinzufügen».

9. Anti-Satelliten-Waffen müßten bis 1987 einsatzfähig sein.

10. Eine Änderung des Anti-Raketen-Vertrages von 1972 (SALT I) solle nicht ausgeschlossen werden.

11. Da die Sowjetunion um die Mitte der achtziger Jahre mit größeren ökonomischen Schwierigkeiten zu rechnen habe, sollten die USA dies ausnutzen (exploit), indem sie neue Bereiche des militärischen Wettbewerbs eröffneten mit dem Ziel, die sowjetischen Arsenale veralten zu lassen (aimed at making Soviet arsenals obsolete).

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Schon im Sommer 1980 hatte Colin S. Gray zusammen mit Keith Payne die amerikanische Öffentlichkeit mit der These erregt, ein Atomkrieg lasse sich gewinnen (Victory is possible).9 Er hatte die Direktiven Schlesingers und Carters rücksichtslos zu Ende gedacht:

«Kleine, vorhergeplante Schläge können nur dann sinnvoll sein, wenn die Vereinigten Staaten die Überlegenheit besitzen - die Fähigkeit, einen Atomkrieg auf jeder Stufe der Gewaltanwendung mit einer reellen Aussicht darauf zu führen, daß die Sowjetunion besiegt wird und daß die Vereinigten Staaten selbst sich so weit erholen können, daß eine zufriedenstellende Nachkriegs-Weltordnung sichergestellt werden kann.»

Das ist in sich durchaus schlüssig. Denn mit welchem Ziel außer der Pax Americana könnte man sich auf das Abenteuer eines (vielleicht) begrenzten Atomkrieges einlassen? Nur wenn man einen Atomkrieg gewinnen könne, meint Gray, sei die Abschreckung unfehlbar wirksam.

Daher sein Rat: «Die USA sollten planen, die Sowjetunion zu besiegen und dies zu einem Preis, der die Erholung der USA erlauben würde.»(10)

9 Foreign Policy, Heft 39, Januar 1980     wikipedia  Colin_S._Gray  1943-2020

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Daß Colin Gray, nachdem er Berater des Außenministeriums geworden war, seine Meinung nicht geändert hat, zeigt ein Aufsatz im Magazin der Luftwaffe vom März 1982.(11) Dort fordert er ohne Umschweife strategische Überlegenheit. Und das bedeute unter anderem, «die USA instand zu setzen, im äußersten Notfall einen allgemeinen Krieg zu führen und zu gewinnen.»

Gray hat Weinberger eines voraus: die zwingende Logik, mit der er zu seinen tödlichen Folgerungen gelangt und zu ihnen steht. Wenn hinter der Politik Weinbergers eine Logik steht, dann die von Gray. Dies gilt auch für den Satz, der so zum erstenmal in einem von Weinberger selbst veröffentlichten Dokument steht, im Militärbudget für 1983: «Die US-Verteidigungspolitik stellt unsere Fähigkeit sicher, auf jede Herausforderung zu antworten und, wenn nötig, einen konventionellen oder nuklearen Krieg mit Erfolg zu führen («US. defense policies ensure our preparedness to respond to and, if necessary, successfully fight either conventional or nuclear war»).12 Nun mag man in der Tat argumentieren, eben dies sei die höchste Form der Abschreckung. Nichts schrecke so total ab wie das Wissen: Der andere kann auch einen Atomkrieg «mit Erfolg führen», er kann auch da «die Oberhand behalten».

Nur muß man dann einiges hinzufügen:

Wenn erst die Fähigkeit, auch aus einem Atomkrieg als Sieger hervorzugehen, die Abschreckung total macht, dann bedeutet, falls die Versuchungen der Macht nicht auf einen Teil der Erde beschränkt sind, die totale Abschreckung des andern die dauernde Versuchung des einen.

10 zit. nach Blätter für deutsche und internationale Politik, 12/ 1980, S. 1505f

11 Air Force Magazin, März 1982, S. 62f

12 Militärbudget der US-Regierung für das Haushaltsjahr 1983, S.5f

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Dies muß nicht unbedingt die Versuchung sein, loszuschlagen.

Wenn eine Seite weiß, daß die andere sie, wenn sie will, jederzeit niederkämpfen kann, wird beim Unterlegenen die Versuchung groß, doch noch in einem Präventivschlag alles aufs Spiel zu setzen, und beim Überlegenen wird der Gedanke Fuß fassen, man müsse einem solchen Verzweiflungsschritt zuvorkommen. Insofern haben wohl die Fachleute recht, die in der Überlegenheit einer Seite Gefahr für beide Seiten finden.

Aber noch größer ist die Versuchung, nun, da die Fesseln abgestreift sind, jene aktive Außenpolitik zu führen, mit der die eigenen Interessen möglichst ohne Abstriche durchzusetzen sind. Auch diese Art von Versuchung dürfte nicht auf einen Teil der Erde begrenzt sein. Daher werden im US-Budget 1983 aus der allgemeinen Definition, wonach die USA in der Lage sein sollen, den konventionellen wie den nuklearen Krieg mit Erfolg durchzukämpfen, präzise Forderungen abgeleitet:

• «Die Modernisierung aller Teile der strategischen Streitkräfte der USA, um ihre Fähigkeit zu sichern, einen Angriff zu überleben und zurückzuschlagen.

• Eine verbesserte Fähigkeit, auf Krisen überall auf der Welt zu antworten.

• Aufrechterhaltung der Überlegenheit zur See, die erforderlich ist für den Einsatz von US-Streitkräften in lebenswichtigen Regionen in Übersee, für die Unterstützung unserer Verbündeten und die Sicherung des ungestörten (continued) Zugangs zu lebenswichtigen Rohstoffquellen.

• Wiederbelebung von Bündnissen und Zusammenschlüssen, um die Überlegenheit zur See zu stützen, die amerikanischen Interessen weltweit zu schützen und NATO-Ziele zu erreichen.

• Verbesserung der Kampfbereitschaft und Kampfkraft der

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konventionellen Verbände, Modernisierung dieser Streitkräfte mit neuer Ausrüstung.»13

Es mag manchen, der die Berichte über die Seerüstung der Sowjetunion im Gedächtnis hat, überraschen, daß hier so selbstverständlich - und gleich zweimal - davon die Rede ist, die Überlegenheit zur See müsse «aufrechterhalten» werden. Sogar die Bündnisse haben danach zuerst den Zweck, diese Überlegenheit abzustützen, eine Formulierung, die alle jene beruhigen könnte, die sich davor fürchten, die USA könnten das Bündnis bei ausreichender Unbotmäßigkeit der Deutschen auffliegen lassen. Die Überlegenheit zur See hat ihren guten Sinn im Gesamtkonzept der Reagan-Regierung: Durch überlegene Atomrüstung wäre die Handlungsfreiheit wiederzugewinnen. Um diese Handlungsfreiheit zu nutzen, müssen die USA zur See so stark sein, daß sie jederzeit überall auf der Welt militärisch eingreifen können. Und wieder hat Colin Gray die präziseste Formulierung dafür gefunden. Strategische Überlegenheit, wie er sie fordert, hat den Zweck, «die USA instand zu setzen, aus einer lokalen politischen oder militärischen Krise auszubrechen mit der Freiheit zu militärischer Aktion, die den politisch-militärischen Umständen angemessen ist».

Es geht schlicht um die Freiheit zu militärischem Handeln, wo und wie die US-Regierung dies für erforderlich hält.14

Dazu braucht man eine Eingreiftruppe (rapid deployment force), die nach den Richtlinien für 1984-88 aus «bis zu 5 Armeedivisionen bestehen, zwei Divisionen und Flugzeuggeschwader der Marineinfanterie, 10 Geschwader der Luftwaffe mit taktischen Kampfflugzeugen und zwei Geschwader mit B-52-Bombern» umfassen soll und damit «eine erheblich größere Truppe» wird, als «ursprünglich geplant war».15

Ausgerechnet als das Schlachtschiff «New Jersey» zu Jah-

  • 13 Budget der US-Regierung für das Fiskaljahr 1983, S. 5 ff

  • 14 Air Force Magazin, März 1982, S. 62

  • 15 zit. nach New York Times vom 31.5.1982

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resende 1982 wieder in Dienst gestellt wurde, um die Überlegenheit zur See für jedermann sichtbar zu machen, brachte Ronald Reagan sein Konzept von der totalen Abschreckung auf eine bündige Formel: «Als Nation sind wir dazu verpflichtet, jeden Schritt zu tun, um die Möglichkeit des Atomkrieges zu reduzieren, indem wir uns eine nicht zu erschütternde Abschreckung gegen einen solchen Krieg beschaffen, für uns und unsere Verbündeten. Zu diesem Zweck schließen wir das Fenster der Verwundbarkeit durch ein umfassendes Programm zur Modernisierung unserer strategischen Streitkräfte.»16

Ist atomar die totale Abschreckung gelungen, das «Fenster der Verwundbarkeit» geschlossen, ist die Überlegenheit zur See unangefochten, steht überdies jederzeit eine gewaltige Eingreif-Armee bereit, dann können die US-Interessen wieder so wahrgenommen werden, wie es sich für eine Weltmacht gehört. Dann können die US-Streitkräfte es sich leisten, am persischen Golf sich, «falls erforderlich, mit Gewalt Zugang zu verschaffen und nicht erst auf die Einladung durch eine befreundete Regierung zu warten, was bislang die öffentlich erklärte Politik war.»17

Bisher hatten es beide Weltmächte, die USA in Vietnam, die Sowjetunion in Afghanistan, noch nötig gehabt, ihr Eingreifen etwa mit dem Wunsch einer Marionettenregierung zu begründen, nicht eben überzeugend, aber doch bei aller Peinlichkeit nicht zu umgehen. Das könnten sich die USA dann sparen. Man müßte nur noch feststellen, amerikanische Interessen stünden auf dem Spiel.

So haben sich imperiale Weltmächte ihre Politik gewünscht, seit es Weltmächte gibt, und wo sie konnten, sind sie so verfahren. Auch bei den Deutschen kommt die neue Bescheidenheit eher aus Mangel an Gelegenheit.

Nur: Hier soll die alte imperiale Weltmachtpolitik wieder auferstehen unter den Bedingungen des Atomzeitalters.

  • 16 Wireless Bulletin, Nr. 243 am 29.12.1982, S. 3

  • 17 zit. nach New York Times vom 31.5.1982

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Mit der Lähmung, die Kissinger beklagt hat, soll nun endlich und endgültig Schluß sein. Wenn es hier um Frieden geht, dann um einen besonderen Frieden: die Pax Americana. Es geht um die Vorherrschaft der USA zumindest außerhalb des Sowjetblocks. Und dies all denen zum Trotz, die da immer behauptet haben, so etwas gehe nicht mehr im Atomzeitalter. Gegen Zweifler und Defaitisten wie Warnke, Kennan und McNamara soll jetzt klargestellt werden, wer Nummer eins ist und was dies bedeutet. Jetzt werden die Fronten klar. Jetzt gibt das einen Sinn, was Paul Warnke, der SALT-II-Unter-händler Jimmy Carters, im August 1982 den Leuten um Reagan zornig entgegenhielt. Das Gerede von der Unterlegenheit der USA zeige, «daß man sich mit keinem nuklearen Gleichgewicht abfinden kann, in dem wir nicht eine klare Überlegenheit haben. Sie (die Regierung) ist hinter dem endgültigen Vorteil her. Sie ist hinter der absoluten Waffe (ulti-mate weapon) her, die uns instand setzt, die Bedingungen der sowjetischen Kapitulation zu diktieren. In andern Worten: Wir müssen - nach Meinung der Reagan-Regierung - <die Fähigkeit haben, einen Atomkrieg zu gewinnen>».18

Sicher, wir dürfen Weinberger glauben, daß er den Krieg nicht führen will. Er meint, er brauche den Krieg gar nicht zu gewinnen, sobald er ihn gewinnen könnte. Ist der Atomkrieg erst einmal gewinnbar, so braucht er nicht mehr gewonnen zu werden. Dann reicht es völlig aus, daß man damit glaubhaft drohen kann. Das steht hinter jedem Wort, das von Weinberger zu hören ist. Er will die Kapitulation nicht nach dem Krieg, sondern vorher, und zwar nicht direkt und auf einmal, sondern in Raten, immer wieder, wo ein Konflikt aufkommt, in Asien, Afrika, schon gar in Lateinamerika, aber schließlich auch in Europa, immer vorausgesetzt, es gelingt, was die Mannschaft um Reagan sich in den Kopf gesetzt hat: den Atomkrieg führbar, durchstehbar und damit gewinnbar zu machen.

  • 18 Common cause, August 1982, S. 53

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Ginge die Rechnung auf, die den Verteidigungsleitlinien Weinbergers zugrunde liegt, so wäre es nur eine Frage der Zeit, bis eine Krise, in der die USA allzu forsch eingreifen könnten, die Sowjetunion vor die Alternative stellte, entweder für alle Welt erkennbar das Gesicht zu verlieren oder sich zu stellen. Was dann geschieht, sollte zumindest für die Kalten Krieger keinem Zweifel unterliegen, die so gerne das furchterregende Bild von der expansiven und aggressiven Sowjetunion vermitteln. Was aber, wenn die Rechnung nicht aufgeht? Wenn es so kommt, wie es Andropow am 21.12.82 angekündigt hat? Man werde keinesfalls «einseitige Zugeständnisse machen». Die Sowjetunion werde die amerikanische Herausforderung annehmen und «durch den Aufbau unserer entsprechenden Waffensysteme ... erwidern: die MX durch unsere entsprechende Rakete; den amerikanischen Marschflugkörper großer Reichweite durch unseren Marschflugkörper großer Reichweite, der bei uns bereits getestet wird».19 Wenn es so kommt - und dafür spricht alle Erfahrung -, dann wird sich erweisen, was der Unterschied ist zwischen einer gegenseitigen Abschreckung, wie sie McNamara wollte, und dem Streben nach jener totalen einseitigen Abschreckung, die auf der Fähigkeit beruhen soll, notfalls den Atomkrieg zu führen und erfolgreich durchzustehen.

Dazu hat Theodore Draper in seinem Brief an Weinberger alles Nötige gesagt:

«Im Fall der Abschreckung ... gibt es für Waffen eine Obergrenze (level), die für den Zweck ausreicht. Wenn eine Atommacht darüber hinausgeht, sind wir berechtigt, zu argwöhnen, daß etwas anderes im Gange ist. Für eine Politik der nuklearen Kriegführung hat man nie genug, denn es ist unmöglich, festzustellen, was man für einen längeren Krieg braucht. Schon der Gedanke des längeren Krieges macht seiner Natur nach das atomare Wettrüsten grenzenlos (open-en-ded). Es kann nie ein Ende geben bei der Entwicklung und

19 Rede des Generalsekretärs der KPdSU, zit. nach Dokumente

vom 21.12.1982

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Stationierung neuer Waffen, die dazu dienen sollen, einen zeitweisen und illusionären Vorteil zu erlangen in der Hoffnung, die Oberhand zu behalten.»20

Kurz: Wer versucht, die totale, letztlich einseitige Abschreckung zu erreichen, dürfte bestenfalls das totale Wettrüsten in Gang setzen. Und dies könnte genauso enden wie die tatsächlich errüstete Überlegenheit: in der tödlichen Konfrontation. Wenn jede Möglichkeit moderner Waffentechnik bis zum Äußersten genutzt würde, könnte dies sehr wohl zu dem Punkt führen, wo beide Seiten überzeugt sein müßten: Wer zuerst schießt, braucht nicht mehr als zweiter zu sterben, er hat in jedem Fall die größere Chance, zu überleben und damit zu gewinnen.

Dann wird es noch gefährlicher abzuwarten, als zu schlagen. Wenn das totale Wettrüsten erst einmal zur totalen Hysterie geführt hat - wir sind nicht mehr weit davon -, wenn jeder sich einredet, früher oder später lasse sich der nukleare Schlagabtausch, der «final struggle» um die Vormacht doch nicht mehr vermeiden, dann sind wir da, wo wohl auch Weinberger nicht landen möchte.

Der amerikanische Admiral Eugene Carroll, bis 1980 im Pentagon mit verantwortlich für nukleare und konventionelle Planung in Europa, sieht die Strategie seiner Regierung mit den Augen eines realistischen Soldaten:

«Wir bereiten uns darauf vor, einen Atomkrieg zu führen. Wir rechtfertigen diese Vorbereitung mit der Behauptung, daß wir einen Atomkrieg abschrecken können, wenn wir darauf vorbereitet sind, ihn zu führen. Ich ziehe daraus die Schlußfolgerung: Wenn wir uns auf den Krieg vorbereiten, wenn wir diese neuen Atomwaffensysteme entwickeln, stationieren und ihre Anwendung üben, dann werden sie früher oder später infolge einer Fehlkalkulation eingesetzt werden ... »21

  • 20 New York Review of Books, 4.11.1982

  • 21 zit. nach Blätter für deutsche und internationale Politik, Nr. 11/ 82, S. 1301

Wahrscheinlich wird im Atomzeitalter jede Rüstung mit dem Zweck der Abschreckung gerechtfertigt. Nur: Was sich jetzt Abschreckung nennt, hat nichts mehr zu tun mit dem, was noch zu Beginn der siebziger Jahre damit gemeint war. Der Übergang von der alten zur neuen Abschreckung mag fließend gewesen sein. Aber es gibt einen Punkt, an dem Quantitäten in neue Qualität umschlagen. Und der war spätestens im Herbst 1981 erreicht, als - von der Öffentlichkeit noch nicht bemerkt - die geltende Zielplanung sich eindeutig am länger andauernden, führbaren und gewinnbaren Atomkrieg zu orientieren begann.

Steckte in der Strategie der «gegenseitig gesicherten Zerstörung», gerade durch die darin enthaltene Selbstabschrek-kung noch eine vernünftige Chance, wenigstens vorläufig das Inferno zu vermeiden, so ist aus der Strategie Reagans kein Tropfen Hoffnung mehr herauszuwringen, wie immer man sie dreht und preßt und windet. Sie kann nur da enden - und dies ist das Ende einer Kette in sich zwingender Logik -, wo wir alle, nicht nur die USA, durch die Gefährdungen dieses Lebens nicht mehr verwundbar sind: im Tode.

Die Utopie, der die imperialen Technokraten Reagans nachjagen, ist reaktionär, denn die Geschichte hat die Idee eines Friedens, den eine einzige Hegemonialmacht erzwingt, schon 1945 abgehakt, als Hitler sich umbrachte und über Hiroshima die erste Atombombe aufblitzte. Diese Utopie ist nicht nur aus Plastik, weil sie als Ersatz für die bewegenden Utopien vom «New Deal» Roosevelts über die «New Frontier» (neue Grenze) Kennedys bis zur «Großen Gesellschaft» Johnsons dienen muß. Die Utopie von dem Frieden, den die unverwundbare Supermacht allen anderen aufzwingt, ist nicht nur schäbig, sie ist tödlich.

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VI  Der Kanzler denkt, der Präsident lenkt

«Ein auf Europa beschränkter Atomkrieg würde Deutschland ausradieren, die Sowjetunion aus hundert Wunden blutend den intakten USA ausliefern. Also ist das deutsche Interesse, einen solchen Schlagabtausch zu verhindern, dringlicher als das sowjetische, dieses wiederum dringlicher als das amerikanische. Die amerikanischen Planer können kühlen Kopfes über den atomaren Holocaust in Europa nachdenken. Die sowjetischen können dies schon weniger, wir Deutschen dürfen es nicht.»


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Gegen Ende des Jahres 1982 gelangten Umfragen in die Öffentlichkeit, die manchen Politiker verblüfften. Da hatte drei Jahre lang praktisch die gesamte Tagespresse der Bundesrepublik den Bürgern einzuhämmern versucht, die Aufstellung neuer Raketen in der Bundesrepublik sei für ihre Sicherheit unverzichtbar, es sei denn, die Sowjetunion verschrotte alle ihre eigenen Mittelstreckenraketen. Aber am Ende dieser drei Jahre meinte eine absolute Mehrheit der Befragten, die neuen Raketen seien in jedem Fall von Übel, ganz gleich, was bei den Verhandlungen in Genf herauskomme. Und drei Fünftel dieser Menschen, die Tag für Tag lesen konnten, daß die Amerikaner die Verhandlungen sehr ernst nähmen, fanden, man solle die Stationierung ablehnen, wenn die Amerikaner nicht ernsthaft verhandelten. Und ebenfalls drei Fünftel waren dafür, die Stationierung zu verschieben, wenn die Verhandlungen bis Ende 1983 ohne Erfolg blieben.1

Offenbar haben die Menschen doch ein schwer zu betäubendes Gespür dafür, welch tödlicher Utopie «die da oben» nachjagen. Dabeihatten, als der Beschluß von Brüssel im Dezember 1979 gefaßt wurde, schließlich keine Chauvinisten und keine Kalten Krieger regiert, gegen die erhöhte Wachsamkeit angezeigt gewesen wäre. Im Gegenteil: Wenn in einer Diskussion den Anhängern der «Nachrüstung» die Argumente ausgingen, kam meist der redliche und oft menschlich bewegende Einwand: «Aber Helmut Schmidt muß sich doch etwas dabei gedacht haben!» Er hat sich sogar sehr viel dabei gedacht. Ihm ging es, das war immer schon klar, um die Sicherheit des ihm anvertrauten Landes, der ihm anvertrauten Menschen.

Inzwischen hat er aktenkundig gemacht, was ihn umtrieb. In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau gab der inzwischen gestürzte Bundeskanzler über die Geschichte des Brüsseler Beschlusses Auskunft.

  • 1 Der Spiegel, Nr. 1/1983, S. 16


Wir sind es diesem Kanzler schuldig, ihn ohne Schnitte anzuhören:

«Frage: Ihnen ist häufig vorgeworfen worden, auch aus der eigenen Partei, den Nato-Doppelbeschluß gewissermaßen erfunden zu haben. Gibt es bei Ihnen, seitdem Sie nicht mehr Bundeskanzler sind, zu diesem Beschluß eine andere Art von Nachdenklichkeit?

Antwort: Es gibt bisher auf meiner Seite keine Meinungsänderung, und der Vorwurf, ich hätte diesen Beschluß erfunden, wird weniger von Sozialdemokraten erhoben als zum Zweck der Drachensaat von Angehörigen der CDU/CSU. Der tatsächliche Hergang war völlig anders:

Nach dem Treffen zwischen Ford und Kissinger auf der einen und Breschnew und Gromyko auf der anderen Seite 1979 in Wladiwostock, als es um Salt II ging, habe ich erstmalig gegenüber der amerikanischen Regierung daraufhingewiesen, daß man bei einem Salt-II-Abkommen die neuen sowjetischen Mittelstreckenraketen nicht aus dem Blick lassen dürfe. Präsident Carter hat später, im wesentlichen aufbauend auf den Vorarbeiten, die zwischen Ford und Breschnew gediehen waren, das Salt-II-Abkommen zu Ende geführt, ohne die neuen sowjetischen Mittelstreckenwaffen einzubeziehen. Dieses Abkommen ließ den Sowjets völlige Freiheit, aus ihren damals wenigen SS-20-Raketen dreihundert oder mehr zu machen.

Frage: Und wie hat der deutsche Bundeskanzler damals reagiert?

Antwort: Ich habe das kommen sehen und habe deshalb im Jahre 1977 der amerikanischen Regierung aus den vorher genannten Gründen erhebliche Vorhaltungen gemacht. Diese Vorhaltungen sind zunächst zweimal durch Carter und seine Mitarbeiter als unerheblich zurückgewiesen worden mit dem Argument, alle diese Sorgen würden abgedeckt durch die große amerikanische interkontinental-strategische Fähigkeit, den Sowjets Paroli zu bieten. Ich aber habe damals gesagt, ihr werdet niemals eine interkontinentale militärstrategische Gegendrohung aussprechen, um eine nur auf Deutschland zielende Mittelstreckendrohung abzuwehren.

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Als die amerikanische Regierung darauf nicht hörte, habe ich in behutsamer Form in einem öffentlichen Vortrag in London Ende 1977 auf das Problem hingewiesen, wohlgemerkt nur auf das Problem, nicht auf etwaige Lösungen. Und das hat dann ein Jahr später, nach längerem Nachdenken in Washington, dazu geführt, daß Präsident Carter zu dieser Frage zu einem Treffen einlud, das Anfang 1979 auf einer karibi-schen Insel stattgefunden hat, ein Treffen ...

Frage:... in Guadeloupe.

Antwort: Ja, Guadeloupe, ein Treffen, an dem Carter und Callaghan, Giscard d'Estaing und ich beteiligt waren. Und dort, relativ überraschend für mich, kam Präsident Carter mit einer neuen Position. Er sagte nun, er sehe ein, es müsse etwas getan werden, denn die russischen SS 20 - und zu dem neuen sowjetischen Potential gehören auch die Backfire-Bomber - würden immer mehr zu einem Problem. Er, der amerikanische Präsident, schlage also vor, daß man entsprechende amerikanische Waffen in Europa stationieren solle, und er richtete an uns die Bitte, uns dazu zu äußern. Ich habe natürlich den Regierungschefs der beiden europäischen Nuklear-Waffenstaaten den Vortritt gelassen.

Der Engländer, mein Freund Callaghan, sagte dem Sinne nach, ja, das sei richtig. Aber man solle erst mit den Russen darüber verhandeln. Und mein Freund Giscard d'Estaing sagte, ich bin auch dafür, mit den Russen zu verhandeln. Aber die Russen werden nur dann ernsthaft verhandeln, wenn sie wissen, daß sonst stationiert wird. Dies war die Meinung, der ich zugestimmt habe.

Frage: Welcher Meinung haben Sie zugestimmt, der englischen oder der französischen?

Antwort: Nein, dies wurde die allgemeine Meinung, der ich zugestimmt habe, und diese Meinung hat dann 10 Monate später zu dem Nato-Doppelbeschluß geführt, und den halte ich nach wie vor für richtig.»

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Im Anfang also stand der Ärger über Präsident Carter und die Amerikaner, die mit den Sowjets den zweiten SALT-Vertrag aushandelten. SALT, «Strategie Arms Limitation Talks», nannte man die Gespräche über die Begrenzung strategischer - und nur strategischer - Waffen. Darunter verstanden die Weltmächte alles, was sie selbst, ihr eigenes Territorium erreichen, bedrohen, vernichten konnte. Und dazu gehörten nicht die sowjetischen Mittelstreckenraketen. Schon seit Anfang der sechziger Jahre standen in der westlichen Sowjetunion - nicht in den andern Staaten des Warschauer Paktes - 600-700 solcher Ungeheuer, je mit einem Sprengkopf achtzigmal so stark wie der von Hiroshima. Ein Zehntel dieses gewaltigen Arsenals hätte seither ausgereicht, sämtliche städtischen Ballungsräume der Bundesrepublik von Hamburg bis München auszutilgen. Nur: die Amerikaner störte dies nicht, und die Deutschen offenbar auch nicht. Ich erinnere mich an keine einzige Kabinettsitzung in den Jahren von 1968 bis 1974, in der über diese Bedrohung beraten worden wäre. Kein Bundeskanzler, nicht Kiesinger, nicht Brandt und nicht Schmidt, hielten es in diesen sechs Jahren für nötig, das Kabinett über diese Gefahr auch nur zu informieren, obwohl es doch zu keiner Zeit ein westliches Gegengewicht an landgestützten Mittelstreckenraketen gab. Und auch die Opposition hat, als sie im Wahlkampf 1972 die sowjetische Gefahr beschwor, um die Ostverträge zu verhindern, diese Raketen glatt vergessen. Dabei waren sie seit 1962 auf uns gerichtet.

Für diese souveräne Mißachtung einer später so dramatisierten Gefahr werden zwei Gründe angegeben. Der erste: Schließlich habe es vor dem SALT-II-Abkommen eine klare Überlegenheit der USA bei Interkontinental­raketen gegeben, diese habe auch die SS 4 und SS 5 (so nennt man im Westen die alten sowjetischen Kontinentalraketen) aufgewogen.

Wie stimmt dies mit Helmut Schmidts Antwort auf die amerikanische Versicherung überein, mit Interkontinentalraketen sowjetischen Kontinentalraketen «Paroli zu bieten»? Schmidt hatte der US-Regierung schon 1977 entgegengehalten: «Ihr werdet niemals eine interkontinentale militärstrategische Gegendrohung aussprechen, um eine nur auf Deutsch-

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land zielende Mittelstreckendrohung abzuwehren.» «Niemals» - das gilt doch wohl auch für die Zeit vor 1977. Und warum hätten die USA in einer Zeit der gewollten gegenseitigen Verwundbarkeit beider Supermächte sich eher für Europa opfern sollen? Wenn der interkontinentale Schlagabtausch beide tödlich verletzt zurückläßt, was liegt dann an etwas mehr oder weniger Parität? Und das zweite Argument: Die SS 20 sei eben eine viel gefährlichere «Waffe» als die alten Raketen. Das stimmt, wenn man hinzufügt, für welche Ziele sie gefährlicher ist.

Nicht für die deutschen Städte, die nun plötzlich bedroht sein sollten. Für die Auslöschung des Ruhrgebietes eigneten sich die gewaltigen Sprengköpfe der alten Raketen besser als die wesentlich kleineren, genaueren und zahlreicheren der neuen. Gefährlicher ist die SS 20 für Flugplätze, U-Boothäfen, Raketenstellungen, Hauptquartiere. Aber auch dies schien die amerikanischen Militärs bis 1979 wenig zu stören. Sie fanden, diese Deutschen übertrieben ihr Sicherheitsstreben, vor allem ihr Mißtrauen gegenüber den USA.

Dann rückte, wie Helmut Schmidt berichtet, Carter Anfang 1979 in Guadeloupe «relativ überraschend» für den deutschen Bundeskanzler, mit der Erklärung heraus, «es müsse etwas getan werden». Carter schlug die Stationierung von Pershing-II-Raketen und Marschflugkörpern in Westeuropa vor, wobei er die Pershing-Raketen, die in sechs Minuten Leningrad, Kiew und wohl auch Moskau treffen können, allein den aufdringlichen Deutschen zudachte. Das war wohl nicht, was Schmidt wollte. Aber konnte er noch widersprechen? Schließlich einigte man sich auf Drängen der Engländer und Franzosen darauf, vorher noch einmal mit den Sowjets zu verhandeln.

Hier geht es nicht darum, ob diese knappe Information aus der Erinnerung eines Beteiligten schon der ganzen Wahrheit entspricht, die sich erst bei Öffnung der Archive rekonstru-


Iieren läßt. Hier interessiert vielmehr die Frage, wie der amerikanische Sinneswandel nach so vielen Jahren zu erklären ist. Wollte die US-Regierung endlich Ruhe haben vor den ätzen-

den «Vorhaltungen» des deutschen Kanzlers? So schwach sind die Nerven der Strategen in Washington oder Moskau gewöhnlich nicht. Wollten sie wirklich der SS 20 «Paroli bieten», obwohl sie dies ihrer Meinung nach längst getan hatten?

Was Carter da vorschlug, sprach eher dagegen. Die Cruise Missiles, unbemannte Flugzeuge, die knapp über den Boden hinweghuschen, zu tief und zu schnell für die Abwehr, durch Mikroprozessoren exakt in ihr Ziel gesteuert, brauchen Stunden, bis sie die Stellungen der SS 20 erreichen. Und da sollten die Russen warten, bis die Cruise Missiles da sind, ohne daß sie ihre SS-20-Raketen vorher abfeuerten? Wer ihnen dies zutraut, hält sie wohl eher für Lämmer als für Wölfe, braucht also keine «Nachrüstung».

Und die Pershing II? Diese Rakete, die längst entworfen war, ehe es eine SS 20 gab, hat eine Reichweite von ca. 1800 km, das ist gut ein Drittel dessen, was man der SS 20 an Reichweite zuschreibt. Und in der Tat: Bisher ist keine einzige SS 20 so stationiert, daß sie von einer Pershing II erreicht werden könnte. Für die SS 20 ist die Pershing II also ungefährlich. Umgekehrt: Für die SS-20-Raketen, die meist zwischen Wolga und Ural stehen, sind alle Pershing erreichbar.

Schlimmer noch: Wenn die SS 20 nur deshalb bedrohlicher sein soll als die alten Raketen, weil sie zielgenau auch westeuropäische Kommandozentralen oder Raketenstellungen treffen kann, dann sind die neuen Pershing-Raketen einfach ein paar zusätzliche, aber besonders lohnende Zielscheiben für die Sprengköpfe der SS 20. Wie kann man gegen die SS 20 eine Rakete setzen, die ihr nie gefährlich werden kann, ihr aber jederzeit ausgesetzt ist, auch dann, wenn die Pershing, wie geplant, in ihrer ganzen gewaltigen Größe «beweglich» sein, also bei Nacht durch deutsche Lande gekarrt werden sollte? Eine Rakete dieses Ausmaßes läßt sich vor keiner Satellitenaufklärung verstecken. Was die Pershing nicht kann, nämlich die SS 20 «abdecken», das konnten und können, wie Paul Warnke nicht müde wird zu betonen, seit lan-

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gern die Interkontinentalraketen der Amerikaner. Warum, wenn die Gegenwaffen längst da sind, andere aufstellen, die sich dazu gar nicht eignen?

An diesem Punkt tun wir gut daran, uns an das zu erinnern, was sich in den strategischen Planungen der USA seit SALT I verändert hat. Solange in den USA die Strategie von der «gegenseitig gesicherten Zerstörung» galt, wäre die Aufstellung der Pershing II in Deutschland sinnlos gewesen.

Aber hat sie vielleicht einen Sinn innerhalb des Konzepts, den atomaren Schlagabtausch so vorzubereiten, daß der Atomkrieg wieder führbar und gewinnbar wird? So gewinnbar, daß man ihn nicht mehr zu gewinnen braucht? Wenn es beim nuklearen Duell jetzt vor allem darum geht, den Gegner durch Ausschaltung seiner Befehlszentralen zu «enthaupten», dann bekommt die Pershing II einen Sinn. Die Russen, passionierte Schachspieler auch in strategischen Fragen, haben die Eigenart, ihrem Gegner zu unterstellen, er denke sich etwas, wenn er einen Springer oder einen Turm bewegt, jeder seiner Züge sei berechnet, zielgerichtet, sinnvoll. Und sie können für die Pershing II entweder gar keinen oder nur die-sen Zweck erkennen. Sie ergibt nur als Erstschlagwaffe einen Sinn. Genauer: als Waffe, die zusammen mit anderen, interkontinentalen, einen «enthauptenden» oder gar entwaffnenden Erstschlag führen und also auch androhen könnte.

Wenn eine Rakete in 300 bis 400 Sekunden den entscheidenden Teil der sowjetischen Befehlsstruktur funktionsunfähig machen kann, dann wird es für die Sowjets ernst. So hat die sowjetische Delegation in Genf die Amerikaner wissen lassen, daß, sollte die Pershing II in Deutschland stationiert werden, die Sowjetunion sich gezwungen sehe, die Antwort auf einen möglichen Start dieser Raketen Computern anheimzugeben, denn für militärische oder gar politische Entscheidungen sei dann keine Zeit mehr. Man mag dies für eine leere Drohung halten, ganz ohne Logik ist sie nicht.

Auch hier ist es wieder Colin Gray, der die Dinge beim Namen nennt. In seinem Aufsatz über «strategische Überle-

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genheit» (März 1982) erklärt der Berater des State Department knapp und eindeutig:

«Der Plan der NATO, 108 Pershing II und 464 bodengestützte Marschflugkörper zu stationieren, ist nicht als Gegengewicht zu den sowjetischen SS 20 gedacht (is not inten-ded to balance or counterbalance Soviet SS 20). Er soll eher dazu helfen, daß in den Köpfen der Sowjets von vornherein klar ist, daß ein großer Krieg, der im westlichen Mitteleuropa beginnt, ziemlich rasch in einen Konflikt eskalieren würde, der die Territorien der Supermächte berührt. Die NATO braucht eine ziemliche Zahl dieser 572 Raketen, ... ob die Sowjetunion nun ihre SS 20 auf Null reduziert oder nicht.»2

Gray ist ehrlich genug, hier vom Beginn eines Krieges in Europa, nicht von einem sowjetischen Angriff zu sprechen. Denn ihm kommt es auf die Handlungsfähigkeit der Vereinigten Staaten in allen Kontinenten an, die nur zu erringen ist, wenn sie auch - im äußersten Fall natürlich - einen Nuklearkrieg gewinnen könnten.

Luftwaffengeneral David C. Jones, der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs im Pentagon, hat dies so ähnlich gesagt:

«Die Sowjets müssen ständig mit der sicheren Aussicht konfrontiert werden, daß ein militärischer Schachzug gegen amerikanische oder alliierte Interessen einen Konflikt zur Folge hat, dessen geographische Ausdehnung, dessen Ausmaß und Grad der Gewaltanwendung über das hinausgeht, was die Sowjets zu riskieren bereit sind.»3

Hier wird noch deutlicher, daß der Konflikt nicht in Europa beginnen, wohl aber dorthin übergreifen dürfte.

Rudolf Augstein zieht aus all dem einen Schluß, dem schwer zu widersprechen ist:

«Denn darum geht es den Washington-Planern in allerer-

  • 2 Air Force Magazin, März 1982, S. 63

  • 3 zit. nach Nachrüstung, hg. von Wilhelm Bittorf, Reinbek 1981, S.88

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ster Linie: Vorbereitungen zu treffen und Bedrohungen aufzubauen, mit denen man die Sowjets zum Stillhalten zwingen kann, selbst wenn im Nahen und Mittleren Osten der <worst case> eintritt, der schlimmste vorstellbare Fall. Und der läge vor, wenn die USA und ihre ölabhängigen Verbündeten sich veranlaßt sehen sollten, rund um den Persischen Golf ein Super-Vietnam zu veranstalten.»4

Es geht bei dem, was Genscher mit dem allzu schlauen Namen «Nachrüstung» bedacht hat, nicht um die Sicherheit der Europäer, sondern um die Handlungsfähigkeit der Amerikaner, nicht darum, etwas gegen die SS 20 aufzubauen, sondern um das Signal an die Sowjetführer: Wir können notfalls schlagartig, ehe ihr zur Besinnung kommt, eure wichtigsten Befehlszentralen wegfegen. Also versucht erst gar nicht, unserem Eingreifen irgendwo in der Welt, falls wir es für nötig halten, entgegenzutreten.

Nimmt man die propagandistische Tarnung von den Raketen, so dienen sie in optimaler Perfektion Weinbergers Strategie: den Atomkrieg so gewinnbar zu machen, daß man ihn nicht mehr zu gewinnen braucht.

Weil die Pershing nur in den Köpfen der Deutschen, nicht in denen der Amerikaner, als Gegengewicht zur SS 20 gesehen wird, mußten Europäer und Amerikaner auch den Brüsseler Doppelbeschluß vom 12.12.1979 sehr verschieden auslegen. Für die Europäer sollte dieser Beschluß die Sowjetunion an den Verhandlungstisch zwingen (obwohl Breschnew vorher schon mehrfach, zuletzt am 6.10.79, selbst solche Verhandlungen angeregt hatte). Für die Europäer waren die neuen Raketen ein Mittel, Druck auf die Sowjets auszuüben. Ihnen ging es um den Abbau der SS 20.

Für die Amerikaner gab es im Grunde nie einen Doppelbeschluß. Für sie war beschlossen, die Raketen zu stationieren, im übrigen hatten sie sich bereit erklärt, bis die neuen Systeme technisch ausgereift waren und bereitstanden, sich in Genf die Zeit mit Verhandlungen zu vertreiben.

  • 4 a.a.O.,S.90f

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Als Reagan sich schließlich, im November 1981, herbeiließ, eine Delegation von Falken nach Genf zu entsenden, stellte sich rasch heraus, wie verschieden die Verhandlungsziele waren. Und als die Verhandlungstaktik der Regierung sogar dem ultrakonservativen Leiter der Abrüstungsbehörde, Eugene Rostow, zu starr erschien, wurde er im Januar 1983 kurzerhand entlassen.

Den Europäern ging es um Abbau oder Verringerung der SS 20, der Reagan-Regierung um die Stationierung der Raketen, vor allem der Pershing II. Der Geburtsfehler dieser Verhandlungen läßt sich auch so beschreiben: Mittelstreckenraketen in Europa bedrohen die eine Weltmacht (die Sowjetunion) direkt, die andere (USA) nur indirekt, insofern sie Truppen in Europa haben. Die Pershing kann Leningrad treffen, die SS 20 nur Bonn oder Bordeaux, nicht New York. Kommt es zu keinem Ergebnis, so erreichen zwar nicht die Europäer ihr Ziel (Abbau der SS 20), wohl aber die USA: eine optimale Fähigkeit zur «Enthauptung» der anderen Seite.

Aber eben da zeigte sich der fatale Rechenfehler der Europäer: Man hatte mit dem Doppelbeschluß die Sowjetunion unter Druck setzen wollen. Das war, alles in allem, gelungen. Aber wie sollte man nun die Amerikaner unter Druck setzen, wenn sie, was Weltmächte so an sich haben, ihre und nicht die europäischen Interessen vertraten? Womit konnte man die US-Regierung zwingen, in Genf etwas anderem zu folgen als ihrem Interesse, und das war eben die Stationierung von Raketen, die wegen ihrer Treffsicherheit und kurzen Vorwarnzeit Moskau das Fürchten lehrten? Doch wohl nur mit der glaubhaften Versicherung, man werde die Stationierung nicht zulassen, falls die USA so verhandelten, wie es ihren Interessen entsprach. Aber eine solche Drohung mußten die Leute um Reagan als glatten Bruch des Doppelbeschlusses empfinden, so wie sie ihn verstanden. Und was diese Regierung davon hält, mit der Pershing nur zu drohen, damit die Russen nachgeben, hat Caspar Weinberger vor dem Senat am 14. Dezember 1982 gesagt:

«Es ist die Politik dieser Regierung, Stationierungs­entscheidungen auf strategische Erfordernisse zu gründen und nicht auf irgendeine Vorstellung von Verhandlungstrümpfen (bargaining chips).»(5)

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Noch weniger als die amtliche Version können Egon Bahrs Argumente für den Doppelbeschluß überzeugen. Er, sagt Bahr, habe dem Brüsseler Beschluß zugestimmt, wenn auch «mit Bauchgrimmen», weil er darin «die einzige Möglichkeit sah, die Amerikaner zu Verhandlungen zu bringen».6 Dieses Argument unterstellt, daß es den Amerikanern schlicht darum ging, ihre Pershing auf deutschem Boden zu stationieren und daß sie nur über den «Doppelbeschluß» dahin zu bewegen waren, die Enthauptungsraketen in Verhandlungen als jene «bargaining chips» zu gebrauchen, von denen Weinberger so gar nichts hält. Dies überrascht um so mehr, als Bahr sich keinerlei Illusionen darüber hingibt, wie solche Verhandlungen angelegt sind. Nach Bahr waren bisher alle Rüstungskontrollverhandlungen in der Geschichte «die gegenseitigen Versuche, den andern auszutricksen und Vorteile zu bekommen .. .»7

Was könnte seine Hoffnung stützen, daß ausgerechnet bei einer Regierung, deren Präsident in seiner gesamten politischen Laufbahn gegen jedes Abkommen mit der Sowjetunion gestimmt hat, dies nun anders sein sollte? Bei einer Regierung, die hartnäckig und gegen die Mehrheit im auswärtigen Ausschuß des Senats einen 36jährigen Karrierediplomaten zum Leiter der Abrüstungsbehörde beruft, von dem lediglich feststeht, daß sein Interesse an Aufrüstung so ausgeprägt ist wie seine Verachtung für Abrüstungsbemühungen? Verhandlungen können auch der Nebelvorhang sein, hinter dem sich Aufrüstung leichter durchsetzen läßt.

Wir haben uns bisher ganz auf die Gefährlichkeit der Pershing II konzentriert. Wie steht es mit den Marschflugkörpern vom Typ Tomahawk? Als Helmut Schmidt einmal gefragt wurde, was er denn ursprünglich als «Nachrüstung» gewollt habe, war seine Antwort: «Seegestützte Cruise Missiles». Die

  • 5 Wireless Bulletin, Nr. 235/1982 v. 15.12.1982

  • 6 Egon Bahr, Was wird aus den Deutschen, Reinbek 1982, S. 150

  • 7 a. a.O.,S. 191

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werden uns nun zuteil, in verschwenderischer Fülle und zwar, geht es nach der US-Regierung, zusätzlich zu den landgestützten. Bis zum Beginn der neunziger Jahre sollen für die US-Luftwaffe etwa 4000, für die Marine 2527 Stück geliefert werden, zusammen wäre dies mehr als das Zehnfache dessen, was in Westeuropa untergebracht werden soll. Allein das alte Schlachtschiff «New Jersey» soll 300 solcher Apparate tragen.8 Es geht also nicht um die Alternative zwischen Land-und Seestützung, es geht nur darum, ob zusätzlich zu Tausenden see- und luftgestützter Marschflugkörper einige hundert landgestützte nach Westeuropa kommen sollen. Die 464 Tomahawks, für ängstliche europäische Gemüter als - leider unentbehrliche - Anstrengung zur Wiedergewinnung des «Gleichgewichts» deklariert, erweisen sich als Beigabe zu einer gewaltigen Aufrüstung, eine Beigabe, die Westeuropa wohl eher an die USA binden als vor der Sowjetunion schützen soll.

Egon Bahr hat zutreffend beschrieben, wozu neben Tausenden seegestützter Marschflugkörper auch noch einige hundert landgestützte dienen sollen:

«Die Sowjetunion soll glauben, es ist nicht in jedem Falle der große amerikanische Krieg, wenn bei ihr Raketen einschlagen. Es ist kein strategisches Potential in Bewegung gesetzt (...) Hier wird (...) der Sowjetunion gesagt, wenn auf Euren Bildschirmen <landbased> Cruise Missiles erscheinen, kommen die nur aus Europa.»9 Bahr folgert daraus, die USA wollten ihrem Gegenspieler damit signalisieren, wohin der Gegenschlag zu richten sei: dahin, woher die Flugkörper kommen.

Kein Wunder, daß Bahr zu dem Schluß kommt:

«Unsere Politik muß also darauf gerichtet sein, jedes weitere Waffensystem zu verhindern, das technisch geeignet und

  • 8 siehe Alfred Mechtersheimer, Rüstung und Frieden, München 1982, S. 133

  • 9 Egon Bahr, a.a.O., S. 169

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politisch verführerisch sein und glauben lassen könnte, man könne einen auf Europa begrenzten Krieg führen .. .»lü

Niemand darf es einer amerikanischen Regierung verübeln, wenn sie darüber nachdenkt, wie im Fall eines - in manchen Köpfen bereits unvermeidbaren - Atomkriegs das eigene Volk am ehesten überleben kann. Aber niemand soll es deutschen Politikern verargen, wenn sie sich genau darüber ihre eigenen Gedanken machen.

Es ist offenbar doch nicht ratsam, den Tiger einer Supermacht reiten zu wollen. Wenn solche Tiger ihren Reiter kurze Zeit nicht abwerfen, so haben sie ihre eigenen Gründe dafür. Weltmächte wie die USA und die Sowjetunion gehen auf die Forderungen ihrer Verbündeten ein, sobald und solange es in ihrem Interesse liegt. Sie haben nicht Helmut Schmidts Drängen nachgegeben, sie haben es erst jahrelang ignoriert, solange es nicht in ihr Konzept paßte, und sie haben es dann benutzt, vielleicht auch mißbraucht, als sie darin die Chance witterten, eine Trumpfkarte für ihre eigene neue Strategie in die Hand zu bekommen. Kein Zweifel, Helmut Schmidt wollte mehr Sicherheit für die Deutschen. Er wollte «eine Lücke schließen» im europäischen Gleichgewicht, in der Abschreckungsskala der «flexiblen Antwort». Die USA haben sich dies zunutze gemacht, wie es ihren Interessen entsprach.

Helmut Schmidt, der ja ein Rechner, kein Kalter Krieger ist, warnte weniger vor sowjetischer Aggression als vor einer Erpressung durch die SS 20. Peter Bender ist nie widerlegt worden mit seiner Bemerkung:

«Je dramatischer diese Gefahr beschworen wird, desto weniger wird erklärt, worin sie denn tatsächlich besteht.»11

Denn mit Atomkrieg kann nur drohen, wer die strategischen Waffen oder die Befehlszentralen des andern vernich-

  • 10 a.a. 0.,S. 169f

  • 11 Peter Bender, Das Ende des ideologischen Zeitalters, Berlin 1981,S. 175

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ten kann. Die strategische Atomstreitmacht der USA aber ist außerhalb der Reichweite der SS 20. Im übrigen können die USA solche deutschen Ängste vor sowjetischer Erpressung jetzt dazu nutzen, die Sowjets mit der permanenten Drohung einer «Enthauptung» zu erpressen.

So ist es nun einmal, wenn man mit zwei Weltmächten zu tun hat. Nicht nur eine kann erpressen. Es kann sogar vorkommen, daß, wie beim Gas-Röhren-Geschäft, die USA uns - durch den Boykott von Lieferfirmen - meinen erpressen zu müssen, damit die Sowjetunion uns ja nie - durch Abdrehen der Gasleitung - erpressen kann.

Jedermann kann sich ausrechnen, wie die Sowjetunion auf die Bedrohung ihres Lebensnervs vom Boden der Bundesrepublik aus antworten wird: Jedenfalls ohne Rücksicht auf die Sicherheit der Deutschen, die Helmut Schmidt am Herzen lag. Was bleibt den Sowjets anderes übrig, als die Pershing II in der Bundesrepublik in die höchste Priorität ihres Zielkatalogs aufzunehmen und, sollte es nicht gelingen, den Funken des militärischen Konflikts von Europa fernzuhalten, diese Raketen um jeden Preis, auch um den Preis von Millionen Menschenleben, sofort auszuschalten?

Sollte die «Nachrüstung sich durchsetzen lassen, so wird die sowjetische «Nach-Nach-Rüstung» ihr auf dem Fuße folgen. Auch die amerikanische «Nach-Nach-Nach-Rüstung» -nämlich eine wesentlich größere Zahl von Pershing II - wird schon vorbereitet, und sicher denkt man in Moskau längst darüber nach, wie dann die sowjetische «Nach-Nach-Nach-Nachrüstung» beschaffen sein soll. So mündet das redliche, aber technokratische Streben nach perfekter Sicherheit in die totale Gefährdung.

Die Verhandlungen in Genf sind bisher genau so verlaufen, wie es der unterschiedlichen Interessenlage der Beteiligten entsprach. Die USA haben, schon ehe man in Genf zusammenkam, durch Präsident Reagan ihre Null-Option verkünden lassen. Sie besagt schlicht: Wenn ihr Russen alles verschrottet, was ihr seit zwanzig Jahren an Mittelstreckenrake-

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ten aufgebaut habt -15 Jahre lang ohne westliche Erregung-, dann sind wir zwar keineswegs bereit, auf die Tausende neuer Marschflugkörper für Marine und Luftwaffe zu verzichten, auch nicht dazu, unsere Verbündeten in Paris und London zur Zurückhaltung aufzufordern, wenn sie bis Anfang der neunziger Jahre auf ihren U-Booten mehr Sprengköpfe haben wollen, als heute auf allen SS-20-Raketen zusammen montiert sind, wir werden auch kein einziges Flugzeug zurückziehen, aber wir werden dann auf die «Nachrüstung zu Lande, in Westeuropa, verzichten. Es war und ist simpel, einleuchtend und für die schrecklichen Vereinfacher auch handlich, einfach zu fordern: keine landgestützten Mittelstreckenraketen auf beiden Seiten! Nur: daß hier eine Landmacht drei Seemächten gegenübersteht, wird einfach unterschlagen.

Als Leonid Breschnew bei seinem Besuch in Bonn (Mai 1982) anbot, sein Land sei bereit, die Zahl der Mittelstreckenraketen beträchtlich zu reduzieren, wenn man sich auf ein beiderseitiges Moratorium für neue Stationierungen verständige - und dann weiter über den Abbau eurostrategischer Rüstung verhandle - sind die Sowjets nicht einmal gefragt worden, was dies denn bedeuten könne, wie viele Raketen man denn abzuziehen oder zu verschrotten beabsichtige. Die Sowjets mußten nicht einmal ihre Karten auf den Tisch legen, weil die Vereinigten Staaten an diesen Karten gar nicht interessiert waren. Die Angebote Breschnews waren doch, so hieß es, nur durchsichtige Finten, um die Stationierung der Pershing zu verhindern.

Am 10. November 1982, also zufällig am Todestag Breschnews, hat die sowjetische Delegation in Genf einen Vorschlag unterbreitet, der dann sechs Wochen später durch die Rede Andropows in die öffentliche Diskussion kam. Der Grundgedanke war auch hier einfach. Andropow am 21.12.1982:

«Wir sind unter anderem bereit, darauf einzugehen, daß die Sowjetunion in Europa nur genauso viele Raketen behält, wie Großbritannien und Frankreich besitzen, und nicht eine einzige mehr.

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Das bedeutet, daß die Sowjetunion Hunderte Raketen abbauen würde, darunter mehrere Dutzend der modernsten Raketen, die im Westen als SS 20 bezeichnet werden. Für die Sowjetunion und die USA würde das bei den Mittelstreckenraketen in der Tat eine ehrliche «Null»-Variante sein. Und wenn sich die Zahl der britischen und französischen Raketen des weiteren verringern würde, so würde auch die Zahl dersowje-tischen Raketen zusätzlich um genauso viele zurückgehen.

Es gilt auch gleichzeitig, eine Reduzierung der Zahl der Trägerflugzeuge für Kernwaffen mittlerer Reichweite, die sowohl die UdSSR als auch die NATO-Länder in der betreffenden Region haben, auf ein für beide Seiten gleiches Niveau zu vereinbaren.»

Man kann sich ausmalen, wie die amerikanische Reaktion in Genf aussah: «Wir können nicht über Raketen verhandeln, die nicht uns, sondern unseren Verbündeten gehören. Dazu müßten die Briten und Franzosen uns erst die Erlaubnis geben, aber das tun sie nicht.» Dies entspricht insofern der Wahrheit, als die westeuropäischen Atommächte so tun, als gingen die Genfer Verhandlungen sie gar nichts an. Sie haben daher den sowjetischen Vorschlag rascher und brüsker zurückgewiesen als Reagan.

Nur: will jemand der Supermacht Sowjetunion zumuten, alle ihre eurostrategischen Raketen zu verschrotten, während die westeuropäischen Mittelmächte energisch weiterrüsten?

Also müssen wohl die britischen und französischen Kapazitäten einberechnet werden, auch wenn diese Länder nicht am Verhandlungstisch sitzen.

Es stimmt, was westliche Beobachter sogleich zu diesem Angebot zu sagen hatten: Die Sowjetunion gestand damit ein, daß sie bei der Stationierung ihrer neuen Waffe überzogen, daß sie zu rasch zu viele SS 20 in Stellung gebracht hatte. Mancher Verantwortliche in Moskau mag sich heute fragen, warum er nicht dem Westen rechtzeitig signalisiert hat, daß für jede neue Rakete drei alte abgebaut werden sollen. Denn mindestens darauf läuft der Vorschlag vom 10. November

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1982 hinaus. Nur: hat die Reagan-Regierung ein Interesse daran, daß die andere Weltmacht ihren Fehler korrigiert? Oder hat dieser Fehler den USA einen unbezahlbaren Vorwand geliefert, aus diesem Fehler einen politisch-strategischen Vorteil für sich zu schlagen?

Wenn es richtig ist, daß SS 20 und Pershing im Grunde nichts miteinander zu tun haben, wenn die neue Mittelstreckenrakete der Sowjets nicht die Ursache, sondern der Vorwand für die Stationierung der amerikanischen Enthauptungswaffe ist, dann darf sich niemand darüber wundern, wenn der amerikanische Präsident so tut, als gäbe es den sowjetischen Vorschlag gar nicht.

Die Reaktionen der Bonner Regierung auf den sowjetischen Vorschlag bestanden aus den Klischees, die für solche Fälle seit Jahrzehnten im Kanzleramt und im Außenministerium parat liegen: «Schritt in die richtige Richtung», «kein Grund, die westliche Position zu ändern». Für die Sozialdemokraten lag hier etwas vor, was neue westliche Gegenvorschläge nötig machte.

Aber niemand wagte, ganz schlicht zu sagen: Können wir-im Prinzip - von den Sowjets wesentlich mehr verlangen, als daß sie sich in Europa auf das beschränken, was andere Europäer haben? Dann wäre es Sache der Europäer selbst, die totale Null-Lösung zu erreichen. Allerdings: da müßte dann einiges festgeklopft werden:

1. Werden die alten Raketen ausnahmslos verschrottet? Dies ist deshalb wichtig, weil z.B. eine flächendeckende Auslöschung der Bundesrepublik mit den alten Raketen leichter zu bewirken ist als mit den neuen.

2. Wenn im Augenblick Briten und Franzosen 162 Mittelstreckenraketen haben, werden dann die SS 20 auf diese Zahl verringert? Das ist dann ein Abbau um mehr als ein paar Dutzend.

3. Was geschieht mit den SS-20-Raketen, die Europa nicht mehr bedrohen sollen? Werden auch sie verschrottet oder nur zurückgezogen, und wenn ja, wohin?

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4. Wie können wir kontrollieren, was da verschrottet oder zurückgezogen wird?

Da gäbe es also noch ausreichend Stoff für harte Verhandlungen. Nur: wer meint, das sowjetische Angebot sei nur der erste Schritt auf dem Wege zur Reagans Null-Lösung, dürfte sich täuschen. Wer sich von Feindbildern so weit befreit hat, daß er Interessen analysieren kann, wird zu dem Ergebnis kommen: Sehr viel mehr kann die Sowjetunion nicht offerieren. Andererseits können die Vereinigten Staaten in Genf keine entsprechenden Zugeständnisse anbieten, ohne ihre gesamte Strategie umzuwerfen. Wenn es richtig ist, daß zumindest der Verteidigungsminister den Atomkrieg so eindeutig gewinnbar machen möchte, daß er ihn nicht mehr zu gewinnen braucht, wenn in diesem Konzept der Pershing II wegen ihrer Zielgenauigkeit und ihrer minimalen Vorwarnzeit eine Schlüsselrolle zufällt, dann geht es in Genf letztlich darum, ob diese Strategie gelten soll oder nicht. Bisher gibt es-trotz einer geschickten Politik der Desinformation und manchen Propagandaaktionen - keinerlei Hinweis, daß Weinbergers Pläne in Genf geopfert werden sollen.

Dies bedeutet umgekehrt: jede für beide Seiten annehmbare Vereinbarung in Genf müßte innerhalb der US-Regierung zu schwersten Konflikten führen, die wahrscheinlich nicht ohne den Rücktritt Weinbergers abgingen.

Was Reagan am 30. März 1983 reichlich vage als «Zwischenlösung» vorgeschlagen hat, bestätigt dies noch einmal. Monatelang war in der US-Administration darum gerungen worden, ob in Genf ein neuer Ansatz versucht werden sollte. Offenbar hat man sich auf einen Vorschlag verständigt, von dem längst feststand, daß die andere Seite ihn niemals würde akzeptieren können. Denn die Vorstellung, daß in Deutschland statt 108 nur 54 oder 36 Pershing II stationiert werden sollen, falls die Sowjetunion noch 18 oder 12 SS-20-Raketen (mit je drei Sprengköpfen) stehenlassen wolle, muß für Moskau noch unannehmbarer sein als die ursprüngliche Null-Option. Wenn die Pershing II die ideale Enthauptungswaffe ist - und einen anderen Sinn hat sie nicht -, dann kommt es

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auf die Zahl nicht an. Es geht um eine neue Qualität, nicht um Quantitäten. Die Reagan-Mannschaft ist mit der «Zwischenlösung» keinen Millimeter von ihrer Strategie abgewichen. Warum sollte Reagan, ohne dessen Rückendeckung Weinberger niemals seine Strategie hätte durchsetzen können, sich plötzlich eines andern besinnen? Druck aus Europa, vor allem aus Deutschland, ist nach den Wahlen vom 6. März 1983 nicht mehr zu erwarten. Und der Druck von innen richtet sich mehr gegen das, was in Amerika selbst stationiert werden soll als gegen das, was den Europäern zugedacht ist.

Dieser Analyse wird wahrscheinlich weniger mit präzisen Sachargumenten als - darauf kann man sich verlassen - mit dem Einwand begegnet werden, hier würde aus einer Äquidi-stanz, aus einem gleichen Abstand von beiden Weltmächten gedacht und gesprochen, da würden sogar sowjetische Initiativen wohlwollender bewertet als amerikanische.

Dies mag sogar stimmen, wenn man es bezieht auf das, was die jeweiligen Regierungen in Genf vorlegen. Dabei schwingt in jeder Kritik an Weinberger oder Adelman die Hoffnung mit, daß die amerikanische Nation diesen Männern nicht für allzulange die Verantwortung für den Frieden der Welt übertragen hat.

Wo es um das Überleben von ganzen Völkern geht, sind ideologische Bekenntnisse oder moralische Appelle allenfalls dazu nütze, klar definierbare Interessen zu vernebeln. In dieser Analyse wird schlicht zur Sprache gebracht, wie die Interessen liegen, die deutschen, die europäischen, die sowjetischen und die einer US-Regierung, deren Rüstungspolitik auch im eigenen Lande immer weniger Bürger überzeugen kann.

Nicht weil «die» Russen besser wären als «die» Amerikaner, verhandeln sie in Genf seriöser. Sie tun es, weil sie von der Pershing II auf deutschem Boden mehr zu befürchten haben als die USA von der SS 20, die amerikanisches Territorium nicht erreicht. Deshalb findet sogar ein behutsamer

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Konservativer wie Klaus Mehnert, «daß Andropow flexibler (vielleicht auch klüger) ist als Reagan».12

Ein auf Europa beschränkter Atomkrieg - wie wahrscheinlich oder unwahrscheinlich er sein mag - würde Deutschland ausradieren, die Sowjetunion aus hundert Wunden blutend den intakten USA ausliefern. Also ist das deutsche Interesse, einen solchen Schlagabtausch zu verhindern, dringlicher als das sowjetische, dieses wiederum dringlicher als das amerikanische. Die amerikanischen Planer können kühlen Kopfes über den atomaren Holocaust in Europa nachdenken. Die sowjetischen können dies schon weniger, wir Deutschen dürfen es nicht. Was in aller Welt ist gegen die Feststellung einzuwenden, schließlich lägen Moskau und Leningrad in Europa, New York und San Franzisco nicht? Aber solche scheinbaren Plattheiten gehören zu der Realität, die wir uns von Feindbildern verstellen lassen.

Für jemanden, der schon die Fehlentscheidungen der fünfziger Jahre politisch miterlitten hat, erinnert das sowjetische Angebot vom 10. November 1982 an das Josef Stalins vom 10. März 1952. Auch damals war unbestritten: Stalin bot das bündnisfreie Gesamtdeutschland - über freie Wahlen - an, um die Einbindung der Bundesrepublik in die NATO zu verhindern . Aber eben: er war bereit, dafür einen Preis zu bezahlen. Nicht jeden, aber doch einen, der zählte. Sein Angebot wurde nie getestet, Stalin mußte seine Karten nie auf den Tisch legen, weil der Westen von vornherein nein sagte. Man wolle, so sagten Dulles und Adenauer, die Wiedervereinigung Deutschlands durch freie Wahlen, und dieses vereinigte Deutschland müsse dann selbst entscheiden, ob es der NATO beitreten wolle. Und eben dies hätte keine russische Regierung zulassen können, auch keine zaristische.

Heute ist klar: Mit und ohne Brüsseler Beschluß müssen die Sowjets etwas anbieten, wenn sie einer Gefährdung ihrer Zentralen von deutschem Boden aus entgehen wollen. Sie haben - im Prinzip - angeboten, was sie ohne Kapitulation bieten können. Wer alles will, wird auch diesmal nichts bekommen - außer der Nach-Nachrüstung, der Nach-Nach-Nachrüstung, der Nach-Nach-Nach-Nachrüstung ...

Ein Unterschied allerdings besteht zwischen dem Angebot Stalins von 1952 und dem Breschnews und Andropows von 1982: Vor drei Jahrzehnten ging es um die politische Einheit der Deutschen, jetzt geht es um ihr physisches Überleben. Und da wird es, wie sich bald zeigen dürfte, nicht mehr so leicht sein, konstruktive Interessenpolitik durch antikommunistische Emotionen zu ersetzen.

  • 12 Klaus Mehnert in Sonntag Aktuell vom 13.3.1983, S. 4

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