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9.  Der Mensch gegen die Geographie     Vogt-1948

 

 

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Wenige Phrasen von Kipling, die sich in unserer Literatur eingewurzelt haben, sind so irreführend wie seine Zeilen: "Ost ist Ost — und West ist West, und die Zwillinge werden sich nie begegnen." Sie sind sich begegnet, sie sind sich oft begegnet, mit explosiven und häufig mit tragischen Konsequenzen. Reiterhorden aus dem Herzen Asiens zerschmetterten die Kulturen von Rom und Byzanz ebenso wie die des alten China. Die größte Bedrohung für die Kultur des modernen Westens liegt möglicherweise in seinem reichen, körnigen Boden.

Peter der Große schlug die erste moderne Bresche in die westliche Mauer, und die geistigen Kräfte, die durch diese Lücke flossen, sind bis heute noch nicht ins Gleichgewicht gekommen. Clive und Hastings pfropften die Reichtümer Indiens auf den Körper des britischen Imperiums, und welche Folgen nun eine Amputation bringen wird, ist heute noch nicht abzusehen.  

Als Admiral Perry vor knapp hundert Jahren neugierig die Pforten Japans öffnete, hob er den Deckel von einer Büchse der Pandora; er ließ eine Schar von Plagen los, die nur auf Kosten von vielen Tausend amerikanischen Leben und vielen Millionen amerikanischer Dollars aufgehalten werden konnten. 

Die Horden sind zum Stehen gebracht — aber nachdem sie sich fest an den Fleischtöpfen Amerikas niedergelassen haben, dürfen wir kaum hoffen, daß unsere Sorgen mit ihnen zu Ende sind. Die Zukunft des Westens ist unauflöslich verbunden mit dem Volk und der Zukunft Asiens, und die Richtung dieser verflochtenen Zukunft hängt wahrscheinlich von der Klugheit ab, mit der wir unsere Beziehungen zu diesem unruhigen Kontinent gestalten.

Ehe sich der Westen einmischte, war das Leben auf dem asiatischen Kontinent ziemlich stabilisiert, bis auf gelegentliche Unruhen, die aus der langsamen Wallung klimatischer Veränderungen hervorwuchsen. Die Asiaten hatten eine Art der Lebensökologie entwickelt, die ihrer Umwelt angepaßt war. In Süd- und Ostasien hat dies Kulturen ins Leben gerufen, die zu den größten der Welt gehören, hat Kunst, Literatur, Architektur und Religionen hervorgebracht, die wohl bis heute unübertroffen sind. (Die Musik und Literatur Nordasiens — allem, was in der Neuen Welt produziert wird, weit überlegen — wurzelt natürlich tief in Europa.) 

Eins der überzeugendsten Merkmale der Kraft und Echtheit dieser Kulturen ist ihre Dauer durch mehr Jahrhunderte, als irgendeine westliche Kultur sie aufzuweisen hat.

Wahrscheinlich liegt ihre Kraft zum Fortbestehen hauptsächlich in der Einfachheit ihrer Struktur. Denn diese asiatischen Kulturen waren wie Ansiedlungen auf einem Schwamm — diesem niedrigen und unspezialisierten Tier. Wenn ein Teil zerstört wurde, so lebte der übrige ungestört weiter und baute sich selbst auf dem vernichteten Gebiet wieder auf. Die modernen westlichen Kulturen sind eher einem komplizierten Tier vergleichbar, wie zum Beispiel dem Menschenaffen; seine Organe sind so voneinander abhängig, daß er an der Erkrankung eines einzelnen sterben kann. Manche der Krankheiten des modernen Asien sitzen in der Komplexität, die ihm vom Westen aufgedrungen wurden.

Der hohe Entwicklungsgrad der asiatischen Kulturen ist um so bemerkenswerter, als die geographische Umwelt, in der sie entstanden sind, sehr ungünstig ist. Asien ist der Kontinent, der sich am wenigsten zur Besitznahme durch den Menschen eignet; hier hat die statistische Zahl "von soundso viel Menschen auf soundso viel Quadratmeilen" wenig Bedeutung; in den meisten von Asiens achtzehn Millionen Quadratmeilen ist das Leben für den Menschen schwierig, wenn nicht unmöglich. Die totale Ertragsfähigkeit ist sehr niedrig.

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    Das schwierige Gleichgewicht   

 

Die Reaktion der Bevölkerung auf diese geringe Ertragsfähigkeit war ungeheuer vernünftig; ihre Anzahl blieb viele Jahrhunderte lang verhältnismäßig klein. Im 16. Jahrhundert hatte Indien schätzungsweise nicht einmal 100 Millionen Einwohner — ein Viertel der Menschenzahl, die es heute ernährt. Zur Zeit von Perrys Eindringen hatte Japan 26 Millionen Einwohner; in weniger als hundert Jahren hatte es über 64 Millionen; 1800 zählte Rußland alles in allem nur 39 Millionen — gegen 133 Millionen um 1930. Java, das heute geradezu aus den Nähten platzt mit seinen 47 Millionen Menschen, hatte im Jahre 1815 nur 4% Millionen zu ernähren, zu bekleiden und zu beherbergen.

In dieser kurzen Diskussion Asiens folge ich dem bedeutenden Geographen Dr. George B. Cressy und schließe die Sowjetrepublik ein. Die Grenzen zwischen dem europäischen und dem asiatischen Rußland sind niemals zur Genüge fixiert worden, und die moderne Vereinigung des Landes steht im Einklang mit einer vernünftigen geographischen Auffassung. Es würde wohl kaum jemandem einfallen, England, Polen oder Rumänien in das asiatische Gebiet einzuschließen; ebenso aber besteht wenig Ursache, das kleine westliche Areal der Sowjetunion auszuschließen.

Asien umfaßt ungefähr ein Drittel des festen Bodens der Erde. Von den Dardanellen bis Westchina zieht sich fast ununterbrochen eine Riesenmauer von Bergen und erstreckt ihre Ausläufer bis Kamtschatka. Im Schatten dieser Berge findet man die größten Wüsten und Halbwüsten der Welt.

Dieses im Gebirge liegende Gebiet ist zum Teil so steil, daß eine einigermaßen gleichmäßig ertragreiche Agrikultur nur durch Terrassierung und andere Methoden möglich ist, die so viel Arbeitskraft erfordern, daß die Ertragsfähigkeit unvermeidlich niedrig^leibt.

Durch seine Größe und seine Gebirgsketten ist der größte Teil Asiens von den Ozeanen abgeschnitten, die in Nordamerika und Westeuropa die Quelle der lebenspendenden Niederschläge sind.

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Das Innere Asien hat keine ausreichende Feuchtigkeitsquelle, und vermutlich haben 75% des Kontinents nicht mehr als zwanzig Zoll Regen! Durch die Abtrennung vom mildernden Einfluß großer Wassermassen unterliegt es extremen Temperaturen. In Mittelasien sind sie im Sommer ungeheuer hoch; die großen Landmassen erhitzen die Luft über ihrer Oberfläche, diese Luft steigt nach oben und saugt die Winde aus der Peripherie ein. Andrerseits strömt im Winter der Kontinent seine Hitze rapide aus und das ergibt in Sibirien die niedrigsten Temperaturen, die dem Menschen bekannt sind

Diese rapide Abkühlung des Landes schafft ein Hochdruckgebiet, in das die kalte Luft der Arktis einströmt; an den Grenzen des Hochdruckgebietes erheben sich starke kalte Winde; sie steigern mit ihrer austrocknenden Wirkung noch die Dürre, die schon durch den Mangel an Niederschlägen entstanden ist. Diese Winde fallen auf ein kümmerlich bewachsenes Land und haben eine furchtbare erosive Kraft.

Wenn die Sommerwinde vom Meer her aufgesaugt und gezwungen werden, sich über die Bergketten zu erheben, kühlen sie sich ab und lassen ihre Tonnen Wasser auf Indien, Burma und Südostchina herabfallen. Wo solch übermäßiger Regen das Land von den Hängen geradezu herunterschneidet, findet man die wildesten Erosionen, die auf der ganzen Welt nicht ihresgleichen haben. Wo ebener Boden ist, machen die Regenfälle — sobald der Wald entfernt ist — den Boden arm durch Vertikalerosion oder Auswaschung.

Der Ökologe betrachtet die Vegetation als einen Gradmesser dafür, was vom Boden zu erwarten ist. 

Der größte Teil Asiens bis zum dreißigsten Grad ist von arktischer Tundra bedeckt und hat ständig gefrorenen Unterboden; dann kommt die große Taiga (Nadelwälder), die den Wäldern zu vergleichen ist, die sich über den sauren Boden Kanadas hinziehen, und endlich folgt die halbtrockene Steppe und die Wüstenvegetation. Keins dieser Gebiete hat günstige landwirtschaftliche Bedingungen. Südlich vom dreißigsten Grad liegen die Berge mit den wolkenbruchartigen Monsunregen.

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In den Sowjetrepubliken erstreckt sich ein Dreieck, dessen Basis auf der Atlantiklinie liegt, weit nach Osten. Es empfängt fast ungehindert die Zyklone, die vom Atlantik her die lebenspendenden Regengüsse bringen. Von Indien bis Nordchina ist die Agrikultur wieder möglich durch die Monsunzone, welche die Niederschläge vom Indischen und Pazifischen Ozean bekommt. Von den einzelnen Teilen dieser Gebiete, die nicht zu gebirgig sind und nicht unter zu langen Wintern leiden, ist Asien mit seiner Nahrung abhängig. Ein Blick auf die Bevölkerungskarte zeigt die Reaktion der Asiaten auf diese Bedingungen, denn gerade in dem Dreieck der Sowjetunion und südlich und östlich der Berge findet man die größte Massierung der Bevölkerung.

Außerhalb dieser Landgebiete, die jetzt mit Bevölkerung so übersättigt sind, daß ihr Lebensstandard erschreckend tief ist, gibt es nur ganz wenig unbebauten guten Boden; nur in der UdSSR, ist noch gutes Land zu finden. Die Sowjetunion setzt ihre ganze Hoffnung, die stark anwachsende Bevölkerung zu ernähren, auf halbtrockenes Land mit nur zwölf bis sechzehn Zoll Niederschlägen pro Jahr. Unsere Farmer haben zu ihrem Leidwesen gelernt, daß gerade solche Gebiete mit ungenügendem Regen Opfer der schärfsten Unterschiede sind. Man kann fünf oder sechs Jahre gute Ernten haben, aber dann können zwei oder drei "magere Jahre" folgen. Dieser semiaride Chernozemboden ist der produktivste der Welt, aber (wie Cressy es ausdrückt) "solange die natürliche Grasdecke nicht zerstört ist, wird die Winderosion selten bedrohlich; ist der Boden aber einmal kultiviert, so kann die schlimmste Zerstörung eintreten. Auf den eurasischen Steppen ist die Staubbeckenerosion seit langem äußerst kritisch."1

In dieser überwiegend feindlichen Umgebung sind mehr als ein und eine Drittel Milliarde Menschen zusammengedrängt. Die höchste absolute Bevölkerungs­dichte hat wahrscheinlich Java mit etwa eintausend Einwohnern pro Quadratmeile. Japan — und die Vereinigten Staaten als Japans verantwortlicher Vormund — steht dem Problem gegenüber, die leeren Mägen eines Volkes zu füllen, das dreitausend Menschen pro Quadratmeile anbaufähigen Bodens zu ernähren hat.

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Wir haben Beispiele genug, was für furchtbare Schläge Asien der westlichen Welt versetzen kann. Viele ähnliche Bedingungen, die Japan dazu führten, seine Grenzen zu sprengen, sind charakteristisch für die wichtigsten Völker Asiens. In unserer Blindheit streben wir an — und zwar mit unleugbar gutem Willen — die Formel, die Japan zu einem Explosivstoff gemacht hat, über ganz Asien auszudehnen. Wir haben offenbar aus unserer Erfahrung mit Japan wenig gelernt und täten gut daran, uns einmal die Schicksale dieses ungewöhnlichen Inselreiches zu vergegenwärtigen.

 

    Japan als Gast an fremden Tafeln    

 

Vom Jahre 1600-1867 war die Bevölkerung Japans mit 26 Millionen anscheinend stabilisiert. Die feudale Nation hatte wenig Kontakt mit der Außenwelt. Die Geburten glichen sich mit den Sterbefällen aus, und es war ein Faktor vorhanden — entweder der einheimische Konservatismus oder eine unterbewußte ökologische Klugheit — der die japanischen Führer veranlaßte, ihr Volk der übrigen Welt fernzuhalten. 

Kurz nachdem die Amerikaner die Pforten Japans geöffnet hatten, begann die Bevölkerung zuzunehmen, und zwar mehr als 1 % pro Jahr. Die in den Büchern gepriesenen "besseren" sanitären und ökonomischen Lebensbedingungen senkten die Sterblichkeitsziffer. (Es wäre nicht uninteressant, die Verteidigung des Wortes "Verbesserung" von einem Ökonomen und einem Hygieniker im Lichte der heutigen japanischen Lebensbedingungen zu hören!) 

Unsere religiösen Missionare brachten Japan die Verheißung des Ewigen Lebens, aber gleichzeitig unterstützten sie das heftige Verlangen, den Eingang in dieses Ewige Leben so lange wie möglich hinauszuschieben; sie arbeiteten Hand in Hand mit den medizinischen und industriellen Missionaren.

Der Westen half Japan, städtische Slums an Stelle eines überwiegend ländlichen sozialen Gemeindelebens zu setzen. 

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Billige Imitationen westlicher maschineller Fertigwaren wurden bald zum Austausch für Rohstoffe und Nahrung nach Übersee verhandelt, um die zunehmende Bevölkerung zu ernähren. Im selben Maße, wie die Sterblichkeitsziffer sank, vermehrte sich die Bevölkerung. Gegen 1920 fing die Geburtenziffer an abzusinken, aber nicht annähernd so schnell, wie es nötig gewesen wäre.2

Die Japaner lebten bereits auf einem viel niedrigeren materiellen Standard als der Westen. Als der Bevölkerungsdruck stieg, sahen sie sich der Notwendigkeit gegenüber, entweder diesen Standard noch weiter zu senken oder die Mittel zur Ernährung des Volkes zu steigern. 

Es ist nur recht und billig, anzuerkennen, daß Japan durch Jahrzehnte die größten Anstrengungen machte, sich größere Mengen an Rohstoffen und Nahrung durch rein ökonomische Mittel zu sichern. Diese Anstrengungen wurden vereitelt, und zwar großenteils durch die amerikanischen Zölle. Wir waren sehr darauf bedacht, an Japan zu verkaufen, aber durchaus nicht willens, seine Waren aus der Hand des Kulis zu kaufen. Als wir unsere Zölle erhöhten, um unseren eigenen hohen materiellen Lebensstandard zu schützen, taten andere Nationen das gleiche; der Handel stockte, und Japan breitete sich auf dem Festland aus.

Die Schuld, die Japan auf sich geladen hat, indem es einen Ausweg aus dem malthusianischen Dilemma suchte, ist eine Schuld, die von den meisten Nationen geteilt wird, die höchst selbstgerecht Demokratie predigen. 

Wir raubten enorme Territorien von Mexiko, und unter Theodore Roosevelt taten wir, ohne zu erröten, Kolumbien genau dasselbe an, was Rußland jetzt gerne der Türkei antun möchte. Die hauptsächlichste Rechtfertigung unserer gegenwärtigen Haltung ist, daß unsere Raffgier mehrere Jahrzehnte zurückliegt. Aber wir hatten nicht die sehr stichhaltige Entschuldigung des starken Bevölkerungsdruckes, die Japan vorbringen kann. Natürlich hätte Japan mit einiger Vernunft den Versuch machen müssen, seine Schwierigkeiten durch ein tatkräftiges, kluges Programm zur Einschränkung seiner Bevölkerungszahl zu meistern. 

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Cressy führt aus: 

"Keine Nation hat das Recht, ihre Bevölkerung die Ertragsfähigkeit ihres Reiches überschreiten zu lassen, es sei denn, daß sie willens ist, einen niedrigen Lebensstandard auf sich zu nehmen. Bloßer Bevölkerungszuwachs berechtigt kein Land, sich des Landes seines Nachbarn zu bemächtigen, besonders wenn dieser Nachbar unter demselben Druck leidet. Die Welt ist jetzt voll, und dadurch ist die Regulierung der Bevölkerungszahlen zu einem der wichtigsten internationalen Probleme geworden. Leichtsinnige Vermehrung ohne den damit Hand in Hand gehenden technologischen Fortschritt kann nur zum Chaos führen."3

Wir waren aber nicht gewillt, dieses Rezept in unseren eigenen nationalen Slums wie Südboston oder Porto Riko anzuwenden und haben es auch nicht durch internationale Organisationen propagiert, trotzdem mehrere unserer führenden Männer sich der Notwendigkeit solcher Schritte absolut bewußt sind. Wenn wir Japan dafür tadeln, daß es seine Zuflucht nicht zu diesem zuverlässigen Heilmittel genommen hat, so werfen wir unsere Steine aus einem Glashaus, denn wir haben selbst höchst empfindliche Angriffsflächen.

Mit einer Bevölkerung von 76 Millionen, mit versperrten Handelskanälen, nicht willens oder nicht weise genug, eine scharfe Bevölkerungskontrolle vorzunehmen, stand Japan der Entscheidung gegenüber: entweder zu verhungern - oder Krieg zu führen. (Natürlich spielten auch andere Faktoren mit: Kriegshetze kommerzieller und militaristischer Führer, die japanische Überzeugung seiner "Bestimmung" in Asien usw.; kein anderer Faktor jedoch besaß eine so zwingende Kraft wie der außerordentliche Druck auf die Mittel zum Fortbestehen.)

Unglücklicherweise ist dieses Dilemma noch immer vorhanden, und zwar in viel ernsterer Form. Um 1950 wird Japan eine Bevölkerung von 79 Millionen haben. Es hat jetzt Formosa, Korea und Mandschukuo verloren - alles Gebiete, aus denen es beträchtliche Mengen Nahrungsmittel bekam. Sobald man ihm gestattet, seinen Platz im Welthandel wieder einzunehmen, wird es sofort mit Großbritannien und den Vereinigten Staaten in Wettbewerb treten.

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In manchen Ländern, die den Versuch ökonomischer Autarkie machen, wird es immer höhere Zollschranken finden. Aber mit annähernd fünf Menschen auf jedem Acker anbaufähigen Bodens besteht für Japan kaum eine Möglichkeit, sich selbst mehr als das nackte Leben zu verschaffen. Diese Wahrheit bleibt bestehen, trotzdem der Japaner sein Land so bewirtschaftet, daß fast alle anderen Länder einschließlich der Vereinigten Staaten nur davon lernen können. Jacks und Whyte machen die Feststellung: "In Japan gibt es keine Bodenerosion4." Wenn das auch etwas übertrieben sein sollte, so hat dieses Land doch auf jeden Fall die Bodenerosion auf einem bewunderungswert niedrigen Stand gehalten. Seine Ernteerträge gehören zu den höchsten der Welt, obwohl sie in den letzten Jahren durch die verminderten Düngerimporte etwas gefallen sind. Japan macht bemerkenswerte Fortschritte im Forstwesen, und sein Schutz der Wasserscheiden sollte von unseren Ingenieuren studiert werden, die sich immer noch einbilden, das hydrologische Gebiet könne durch Dämme und Wälle kontrolliert werden.

Japans Kraft und Intelligenz kann man an seiner Verwandlung in weniger als 75 Jahren aus einem Feudalstaat in eine Industriemacht messen. Wenn dieses Land nicht auf unabsehbare Zeit unter strenger Überwachung bleibt, wird es auch weiterhin einen gefährlichen Ansteckungsherd in der östlichen Politik bilden. Jetzt wird Japan durch Amerikas Barmherzigkeit ernährt - und jämmerlich schlecht ernährt. Es ist unwahrscheinlich, daß die gewählten Vertreter des amerikanischen Volkes ihre Zustimmung zur Fortsetzung dieses Programms ad infinitum geben. Es sind und bleiben fast achtzig Millionen Japaner, die im vollen Bewußtsein ihres ehrlichen Bestrebens in der Vergangenheit jetzt mit hungrigen Mägen von Jahr zu Jahr mehr Ansprüche stellen werden.

Die Erweiterung der Nahrungsmittelerzeugung innerhalb Japans wäre ein Tropfen auf den heißen Stein. Es wäre der einzig vernünftige Schritt zur Ausgleichung zwischen Erzeugung und Bedarf, den Bedarf herabzusetzen. So weit das amerikanische Volk unterrichtet ist, sind keine energischen Versuche hierzu unternommen worden.

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  Die arme Erde !  

 

In China sind schätzungsweise hundert Millionen Menschen während des vergangenen Jahrhundert Hungers gestorben.5. Es ist höchst unwahrscheinlich, daß die Hungersnöte ein Ende gefunden haben. China besitzt nicht einmal einen halben Acker anbaufähigen Bodens pro Kopf. Um 1950 dürfte nach Berechnung des Departements der Vereinigten Staaten Chinas Bevölkerung auf 430 Millionen Menschen angewachsen sein. 

Viele Gelehrte sind der Ansicht, daß, an den gegenwärtigen Ziffern gemessen, China etwa um das Jahr 2000 rund 950 Millionen Einwohner haben wird. Es ist natürlich kaum anzunehmen, daß dieses Tempo der Bevölkerungszunahme aufrechterhalten wird. Ohne Hilfe von außen her wäre es vollkommen unmöglich, und es ist zu hoffen, daß die übrige Welt Verstand genug haben wird, Chinas demographisches Dilemma nicht zu unterstützen.

Ich muß zunächst nachdrücklich betonen, daß alle Statistiken über China (wie über viele Gebiete der übrigen Welt) ungenau sind und nur annähernde Zahlen geben. Hauptsächlich, weil die ausreichenden Unterlagen fehlen, teilweise auch durch die vielen Veränderungen der politischen Grenzen, die in den letzten dreihundert Jahren stattgefunden haben. Die geschätzten Zahlen der gegenwärtigen Bevölkerung Chinas schwanken zwischen vierhundert und sechshundert Millionen. 

Bei der Auswahl von Statistiken für dieses Buch habe ich mich durch mehrere Faktoren leiten lassen, deren wichtigster das offenbare Verständnis des Autors war, der die Statistik lieferte. Was über die Bevölkerung gesagt wird, trifft in gewissem Ausmaße auch für die Gebiete zu. Wirklich befriedigende Karten, nach denen man eine wissenschaftliche Bodennutzung planen könnte, gibt es nur von ganz wenigen Teilen der Welt. Trotzdem sind die annähernden Zahlen in beiden Fällen im Hinblick auf die weit ausgedehnte pathologisch-demographische Situation sicherlich richtig genug, um uns als Führer zu dienen.

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In China sind rund eine halbe Milliarde menschliche Mägen täglich zu füllen. Ebenes Land, auf dem man leicht Ackerbau treiben kann, ist selten - außer in den Flußdeltas und längs der Stromläufe. Wie ähnliche Gebiete in anderen Teilen der Welt sind auch diese durch die Störungen im hydrologischen System stark in ihrer Ertragsfähigkeit reduziert; sie sind durch Überschwemmungen entstanden, und werden immer wieder vom Hochwasser bedeckt sein. Die meisten Wälder in China sind verwüstet, und seine Ströme unterliegen heftigen Schwankungen in ihrer Wassermenge.

Nordchina, das Gebiet, in dem Weizen angebaut wird, hat mineralreichen Boden, aber der Regenfall erreicht nur einen Durchschnitt von fünfundzwanzig Zoll oder weniger und ist so unterschiedlich, daß man in jedem Jahrzehnt mit einem hohen Prozentsatz an Mißernten rechnen muß. In diesem Sinne gleicht Nordchina unseren Great Plains. Außerdem ist ein großer Teil dieses Landes nur vier bis sechs Monate jährlich frostfrei. Diese Kombination von mangelndem, unzuverlässigen Regen und kurzen Wachstumszeiten wirkt sich natürlich als mächtiger umgebungsmäßiger Widerstand aus und hält die Ertragsfähigkeit des Landes auf niedriger Stufe.

Vom Jangtsetal südwärts gibt es zwar mehr Regen, aber der Boden ist schwer, ausgelaugt und weit weniger fruchtbar.

Das westliche und nordwestliche China, einschließlich der großen Provinz Sinkiang und der Mongolei sind Steppenland und Wüste, infolge mangelnder Niederschläge. In ganz China herrscht ein unseliger Mangel an organischen Stoffen und Pflanzennährstoffen im Boden.

Trotz der ungünstigen Umgebung, mit der sie arbeiten müssen, haben die chinesischen Bauern in vielen Gegenden, besonders im Süden, ein landwirtschaftliches System entwickelt, das ihrem Lande ausgezeichnet angepaßt ist, und viele Millionen Acker haben drei- bis viertausend Jahre hindurch landwirtschaftliche Erträge geliefert.

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Das war in der Hauptsache durch die Terrassierung (besonders im Süden) und durch starke Düngung möglich. Menschliche Fäkalien, die hier weitgehend verwendet werden, schließen den Nitrogenkreislauf und bringen dem Boden Stoffe zurück, die von den Europäern und Amerikanern in Hunderten von Millionen Tonnen vergeudet werden. James Thorp berichtet, daß jede chinesische Stadt - die Quelle des "Nachtbodens" - von fruchtbaren Farmen umgeben ist, und zwar auf eine Entfernung, die ein Mensch mit einem Karren in einem Tage (Hin- und Rückweg) zurücklegen kann.6

Mein Schwiegervater, James Wallace, erzählt die interessante Tatsache, daß der "Nachtboden" aus den fremden Siedlungen, besonders den angelsächsischen, teurer verkauft wird als der asiatische - wegen seines hohen Nitrogen-gehaltes, der vermutlich durch eine reichere, abwechslungsvolle Kost entsteht. Gründüngung wird selten angewendet -die Pflanzen sind zu wichtig für andere Zwecke. In einem Lande, wo jeder Mensch nur mit etwa 2500 Quadratmetern für die Erzeugung seiner Nahrung rechnen kann, ist jedes Brachliegenlassen natürlich unmöglich.

In vielen Gegenden Chinas sitzen mehr als zweitausend Menschen auf einer Quadratmeile! Daraus ergeben sich natürlich Miniaturfarmen, die in mühseligster Handarbeit kultiviert werden müssen. Waldparzellen sind fast unbekannt, und in manchen Ackerbaugegenden kann man kein Stück Land für Weide erübrigen. Da es in großen Teilen Chinas unmöglich ist, Vieh zu ernähren, und die Handelsbeziehungen mit den Weideländern des Westens fehlen, ist die Kost natürlich außerordentlich arm an tierischen Proteinen.

Kürzliche Forschungen lassen den Schluß zu, daß selbst die entlegenen westlichen Gebiete wahrscheinlich ebenso schwer unter der äußersten Ausnutzung leiden wie Zentralchina. Der Bericht lautet: 

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"In vielen weiten Gebieten Chinas ist das Gras die basische Hilfsquelle; die einzige ökonomische und befriedigende Methode, solchen Boden abzuernten, ist die Abweidung durch das Vieh. Man hört häufig von Plänen zu größerer Expansion der menschlichen Bevölkerung und der Herden auf diesen Steppengebieten, damit dieses sogenannte <brachliegende Land> voll ausgenutzt werden kann. Von solchen Programmen darf man sich keine, oder höchstens geringe örtlich sehr begrenzte Erfolge erhoffen. In manchen Gegenden sollten die Herden eher verringert werden, und es gibt nur wenige Landstriche, die zur Zeit einen Zuwachs des Viehbestandes ertragen könnten. 

Mit der Entwicklung angemessener Methoden zur Pflege des Weidelandes und scharfer Kontrolle der Abweidung könnte der totale Viehbestand nach und nach etwas erhöht werden, und dadurch wäre auch die Ernährung einer größeren Bevölkerung möglich. Aber einer solchen Entwicklung sollten zuerst andere Entwicklungen vorausgehen: angemessene Behandlung der Weiden und die Anlage kleiner Mengen zugänglicher angrenzender Äcker, die tatsächlich anbaufähig sind, so daß sie die Weideviehindustrie unterstützen, und nicht mehr mit ihr in Konflikt geraten, wie es jetzt der Fall ist.

Die Ansicht, daß die Zahlen des Viehbestandes annähernd oder sogar hochgradig die Ertragsfähigkeit des Weidebodens erreicht haben, wird von allen mit der Materie vertrauten Beobachtern unterstützt, die dieses Steppenland besucht haben und mit denen der Schreiber dieser Zeilen das Thema diskutiert hat ... In der westlichen Mandschurei und der Inneren Mongolei sind ernsthafte Dürren nichts Ungewöhnliches, und wenn sie eintreten, so kann man sich die Wirkungen einer Überhöhung des Viehbestandes lebhaft ausmalen...

Unter den gegenwärtigen Bedingungen gibt es in den Graslandgebieten, wo der Reichtum des Bewohners nach der Kopfzahl seines Viehs, nicht nach der Produktion auf lange Sicht rechnet, für den Viehzüchter kaum einen ökonomischen Ansporn, finanzielle oder arbeitsmäßige Anstrengungen an die Verbesserung der Produktionsfähigkeit zu wenden." 7)

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Die Viehzüchter der Mongolei haben in viertausend Jahren also offenbar ebensowenig gelernt wie die unsrigen in hundert! 

Übermäßige Nutzung des Bodens (die sich naturgemäß aus den Anforderungen ergibt, welche das Anwachsen der Bevölkerung mit sich bringt) muß unausbleiblich jede Regel gesunder Landnutzung über den Haufen werfen. Und wie sich das in jedem anderen Teil der Welt bewahrheitet hat, wo solche Bedingungen herrschten, so ist auch hier das Resultat ernstliche Bodenerosion. Man nimmt an, daß China die Ertragsfähigkeit von 25 % seines gesamten Bodens verloren hat. 

In den beredten Worten von Jacks und Whyte zu sprechen: 

"Die Wüsten von Nordchina, Persien, Mesopotamien und Nordafrika erzählen alle die gleiche Geschichte von langsamer Erschöpfung des Bodens durch die steigenden Anforderungen infolge der sich ausbreitenden Zivilisation - er ist so ausgenutzt worden, daß ihm keine Kraft zur Wieder­herstellung mehr übrigblieb. Und der Erschöpfung des Bodens folgte natürlich - wie das jetzt der Fall ist - die Erosion. 
Die alten Heimstätten der chinesischen Kultur im nordwestlichen Lößbodengebiet gleichen jetzt einem riesenhaften tiefgefurchten Schlachtfeld, von vernichtenderen Kräften zerrissen, als es die modernen Kriegsmaschinen sind. Die Skulptur dieser phantastischen Landschaft ist das größte Werk der chinesischen Zivilisation. 
Auf weiten Strecken ist der einstmals tiefe und fruchtbare Boden völlig verschwunden; als er weggespült wurde, entstanden klaffende Spalten, manchmal mehrere hundert Fuß breit und tief, in dem darunterliegenden Löß; die erodierten Bestandteile lagerten sich auf den Talsohlen ab oder flössen weiter in die Ströme und ins Meer. Der Gelbe Fluß und das Gelbe Meer tragen ihre Namen zu recht, denn sie sind gelb gefärbt von der Erde, die immer noch aus dem jetzt kahlen Lößhinterland in sie hineinströmt. Mehrere hundert Meilen nach den erodierenden Gebieten, und wieder Hunderte von Meilen längs seines Laufes hebt sich das Bett des Gelben Flusses höher und höher über das umgebende Land durch die immerwährende Ablagerung erodierter Erde. 
Die Quellwasser, die jetzt nicht mehr von porösem Boden aufgesogen werden, reißen die Berghänge in ihre wachsenden Ströme, und die furchtbarsten Überschwemmungen der Welt - einst wurden sie als Heimsuchungen des Himmels betrachtet - sind jetzt normale und immer erwartete Geschehnisse. Der Gelbe Fluß trägt jedes Jahr eine Ladung von 2500 Millionen Tonnen Erde mit sich! Es gibt auch noch andere erodierende Gebiete und große erdige Ströme in China, aber der zerrissene Nordwesten und der Gelbe Fluß sind schreckliche und ewige Symbole der Sterblichkeit jeder Zivilisation!"8)

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In bezug auf die Zunahme der Bevölkerung sind die verschiedenen Forscher sehr verschiedener Meinung. Nach Dr. W. S. Thompson, einem der sorgsamsten Forscher auf diesem Gebiet, war die Zunahme hier geringer als in anderen Teilen des Ostens, zumindest während der letzten vier oder fünf Jahrzehnte. Dagegen ist sie wahrscheinlich in den zwei Jahrhunderten vorher sehr stark gewesen. Dies sei, neben vielen anderen Faktoren, der Einführung neuer Feldfrüchte zuzuschreiben, wie Kartoffel, Mais und Erdnüsse.

China hat praktisch kein neues Land, in dem es sich ausbreiten könnte. Höhere Ernten auf den existierenden Feldern wären wohl möglich, wenn die Bevölkerung auf technologischem Gebiet nicht so weit zurück wäre; aber moderne Verbesserungen der Bewirtschaftung sind für diese unwissenden, zurückgebliebenen Menschen einfach nicht zugänglich. Zwar lassen Bewässerungsanlagen und Trockenfarmen eine Erhöhung der Nahrungsproduktion erhoffen, aber die hier möglichen Fortschritte werden kaum mitkommen mit der Zunahme der Bevölkerung.

Die Verfechter der Mechanisierung der Agrikultur sehen große Möglichkeiten der Produktionssteigerung je Farmer. Das mag vielleicht in Gebieten angängig sein, wo der Bauer genug Land hat. Mit einem Überschuß kann der Farmer mehr Menschen ernähren und die Produkte abgewanderter Farmer in Detroit oder Chikago kaufen. Aber wo einfach nicht genügend Land da ist, und dieses Land noch eine geringe Ertragsfähigkeit hat, wird erhöhte Produktion je Farmer nichts helfen. Was not tut, ist erhöhte Produktion je Farm.

Man hat gewaltige Pläne geträumt, um China zu helfen. 

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Entwürfe für TVA.s, Landstraßen, Eisenbahnen und Industrieanlagen liegen auf den Schreibtischen und Zeichentischen der chinesischen wie der westlichen Ingenieure und landwirtschaftlichen Sachbearbeiter. Aber die Möglichkeit, diese Pläne in die Tat umzusetzen, ist noch in weiter Ferne, solange China nicht seinen inneren Frieden hergestellt hat. Und darin liegt aller Wahrscheinlichkeit nach eine traurige Beruhigung für China und die übrige Welt. Denn mit innerem Frieden und den Verbesserungen, die vorgesehen sind, würde in China eine solche Bevölkerungsexplosion entstehen wie in Indien, das sich in zehn Jahren um 15% vermehrte. China kann buchstäblich nicht mehr Menschen ernähren. Es kann bei ungünstigen klimatischen Bedingungen - wie einer Dürreperiode, die jederzeit ausbrechen kann - nicht einmal die Menschen ernähren, die es jetzt hat. Ausländische Gebiete, die Nahrungsmittel liefern könnten, werden höchstwahrscheinlich keine chinesischen Waren kaufen, keinesfalls in ausreichender Menge, um die beträchtlich vermehrte Zahl hungriger Mägen zu versorgen. Die größte Tragödie, die China zur Zeit erleben könnte, wäre eine Herabsetzung seiner Sterblichkeitsziffer. 

Wir haben Wong am Wegrande sterben sehen, was das Ende seiner Leiden bedeutete. Was er gelitten hat, was die hundert Millionen seinesgleichen gelitten haben, kann nicht in Worten geschildert werden, und wenn es die Worte eines Dante wären. 

Es werden auch weiterhin Millionen auf die gleiche Art sterben. Es gibt keinen Ausweg. Diese Männer und Frauen, Knaben und Mädchen müssen verhungern - als tragische Opfer auf dem Doppelaltar unkontrollierter Menschenvermehrung und unkontrollierter Vernichtung der Hilfsquellen ihres Landes. 

 

   Der demographische Nadir    

 

Indien ist das Land, wo der beschränkende Faktor überhand genommen hat. Ebene Felder findet man nur auf außerordentlich schmalen Gürteln längs der Küste, an den Ufern der Flüsse und auf der nördlichen Basis des indischen Dreiecks. Hier sind viele Millionen Menschen in die Deltas des Ganges, des Indus und des Bramaputra gezwängt.

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Selbst dieses Dreieck läuft im Westen in eine unfruchtbare Wüste aus, mit nicht mehr als drei Zoll Regen. In ganz Indien ist der Regenfall jahreszeitlich begrenzt, er variiert erheblich von Ort zu Ort, von Jahr zu Jahr, und in Beginn und Ende der sehnlichst erwarteten Regenzeit. In vielen Gegenden fällt er wie Keulenschläge auf einen Boden, der schon länger seiner Pflanzendecke beraubt ist; man berichtet aus Cherapunji von 425 Zoll9. Es kann in zehn Minuten ein Zoll, es kann in 24 Stunden 40 Zoll Regen fallen10. Außer den erwähnten Ebenen besteht Indien größtenteils aus Gebirge und Hochgebirge, wo die wolken-bruchartigen Regenfälle ihre vernichtende Arbeit tun können.

Das Brennholz ist so spärlich, daß zehn Millionen Menschen mit getrockneten Fladen von Kuhmist kochen müssen. Danach kann man sich ein Bild von dem Zustande der abgeholzten Wasserscheiden machen. In vielen Gegenden Indiens wird jeder greifbare Stecken, jeder Maisstengel und jeder Halm Reisstroh als Brennstoff verwendet; die Häuser werden aus Lehm gebaut - dem einzig verfügbaren Material.

Die Bevölkerung hat gesund auf diese Bedingungen reagiert und sich auf die ebenen Gebiete konzentriert. Viele Millionen Acker werden künstlich bewässert, aber viele Millionen sind von den Alkaliablagerungen zerstört, die durch schlechte Bewässerungspraktiken entstanden sind. In ganz Indien ist der Boden arm durch die tropischen Regengüsse und die rapide Oxydation der organischen Stoffe unter der heißen Tropensonne. Die Ertragsfähigkeit des Landes ist so niedrig und die Menschen sind auf winzigen Räumen so dicht zusammengedrängt, daß sie unmöglich in der Lage sind, Dünger zu kaufen.

Die mutmaßliche Lebensdauer des Inders ist zweiunddreißig Jahre - weniger als die Hälfte der des Engländers oder Nordamerikaners. 45% der Kinder sterben, ehe sie zehn Jahre sind. 65% der ganzen Bevölkerung sterben vor dem dreißigsten Lebensjahr. Ein junger indischer Wirtschaftler sagt: "Das Indien von heute gehört zu den ärmsten Ländern der Welt.

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Das Einkommen des Volkes beträgt nicht mehr als jährlich 19 Dollar pro Kopf, das sind pro Tag fünf Cent. Für 60% der Gesamtbevölkerung von mehr als 400 Millionen Menschen sind nicht mehr als zwei Cent pro Tag da. Das ist das indische Durchschnittseinkommen ... es reicht gerade hin, um von je drei Menschen zwei zu ernähren, oder allen täglich zwei Mahlzeiten zu geben, statt der drei, die sie notwendig brauchen, und das auch nur, wenn sie sich alle entschließen, nackend zu gehen, das ganze Jahr hindurch im Freien ohne Obdach zu leben, keinerlei Vergnügen und niemals eine Erholung zu haben und nichts anderes zu beanspruchen als ihr Essen, und dieses in der armseligsten, gröbsten und wenigst nahrhaften Form11." Die durchschnittliche Kalorieneinnahme wird auf weniger als 1000 Kalorien pro Tag geschätzt12. Für die gegenwärtige Lage fällt die Hauptverantwortung - man muß sie nicht unbedingt als Schuld auslegen - auf die Briten. Ehe dem Lande der Pax Britanica auferlegt wurde, hatte es der Schätzung nach eine Bevölkerung von weniger als hundert Millionen. Die Zunahme wurde in Schach gehalten durch Krankheiten, Hungersnöte und Fehden. In bemerkenswert kurzer Zeit machten die Briten den Kämpfen ein Ende und trugen erheblich dazu bei, die Hungersnöte unwirksam zu machen, indem sie Bewässerungsanlagen bauten, Nahrungsmittel zur Speicherung lieferten und während der Hungerperioden Nahrungsmittel einführten. Ein wenig Industrialisierung, verbesserte medizinische Versorgung und hygienische Maßnahmen taten das übrige. Während die ökonomischen und medizinischen Bedingungen "verbessert" wurden, gingen die Inder ihren gewohnten Weg, und vermehrten sich mit der Verantwortungslosigkeit des Kaninchens. Chandrasekhar selbst nennt das sexuelle Spiel den "indischen Nationalsport". Schon 1850 hatte die Bevölkerung um 50% zugenommen; 1950 dürfte sie nach den Schätzungen des Staatsdepartements über 432 Millionen betragen. Dr. Chandrasekhar faßt das Dilemma knapp und treffend wie folgt zusammen: "Indiens Bevölkerung übersteigt heute 400 Millionen, und

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selbst bei einem Existenzminimum von 1400 Kalorien kann das Land nicht einmal dreihundert Millionen ernähren! Das heißt, rund einhundert Millionen Menschen (fast soviel wie die Gesamtbevölkerung der Vereinigten Staaten) müssen hungern oder sind am Rande des Verhungerns. Im nahegelegenen Australien beispielsweise hat jeder Mensch durchschnittlich 3000 Kalorien täglich. Die tiefste Ursache dieses Unterschiedes liegt darin, daß dort rund acht Millionen Menschen doppelt soviel Land haben wie in dem heutigen Indien rund 400 Millionen."

Indien vermehrt seine Bevölkerung täglich um 14000 Menschen. In dem Jahrzehnt von 1931-1940 ist dieses Volk um fünfzig Millionen gewachsen - das ist mehr als die Totalbevölkerung von England, Schottland und Wales; und um diese Menschen zu erhalten, kann auch der größte Optimist nicht mehr als 447 Millionen Ackerboden finden, der wenigstens potentiell fähig wäre, unter den Pflug genommen zu werden.

Indien besitzt ein Fünftel der Bevölkerung der Welt, und dazu ein Drittel ihres Rindviehbestandes. Die Zugtiere werden geschätzt und gepflegt, die anderen absolut vernachlässigt ; man läßt sie frei durch die Landschaft laufen und die Vegetation zerstören, die für andere nützlichere Zwecke so verzweifelt notwendig ist. Die "Heiligkeit" der Kuh trägt Tag für Tag erheblich dazu bei, die Ertragsfähigkeit von Indiens ohnedies erschöpftem Boden zu vermindern, und ist ein beredter Zeuge für die abgründige Rückständigkeit dieses Volkes. Es steckt bis über den Kopf in Aberglauben, Unwissenheit, Armut und Seuchen. Mutter Indien ist das Opfer ihrer eigenen furchtbaren Fruchtbarkeit. Es gibt auf dieser Welt kein schrecklicheres Elendsgebiet - und wahrscheinlich kein hoffnungsloseres.

Diese entsetzliche Hoffnungslosigkeit sollte der übrigen Welt ein warnendes Beispiel sein. Indien hat begonnen, eine Realpolitik der Expansion zu propagieren. Einer seiner führenden Wirtschaftler schreibt: "Wo immer es weite offene Räume gibt, sei es am Amazonenstrom oder in Australien, herrscht eine exklusive Politik der Ein-

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Wanderungsbeschränkung und sperrt sich gegen die Forderungen der Weltwirtschaft und Produktivität . . . riesige trockene Gebiete in Noidamerika, die jetzt nur von Viehzüchtern bewohnt werden, könnten unter Pflug und Hacke gebracht werden, wenn man die indische und chinesische Einwanderung zu angemessenen Bedingungen zuließe . . . In der Welt der Zukunft muß man mit einem Ausgleich der wirtschaftlichen Hilfsquellen und der Bevölkerung rechnen. Lebensstandard und ökonomische Gelegenheiten müßten für alle Völker ungefähr die gleichen sein, wenn diese Welt vor rückläufigen demographischen Krisen und Angriffen gerettet werden soll13." Mit anderen Worten: Australien, Brasilien, Kanada und die Vereinigten Staaten sollten ihre Pforten den Moslems, Sikhs, Hindus (und ihren heiligen Kühen) öffnen, um einen Bevölkerungsdruck zu vermindern, der durch ungezügelte Bruttätigkeit entstanden st! Unser Lebensstandard soll heruntergezogen werden, m den der rückständigen Milliarde Asiens zu heben. Dr. Mukerjee empfiehlt - das muß zugegeben werden -ine wirksame Geburtenkontrollpolitik für Indien, aber er st nicht gewillt, zu warten, bis sie sich auswirkt. Jedenfalls 'ären die Inder nicht in ihrer gegenwärtigen unseligen age, wenn sie ihren Bevölkerungszuwachs gebremst hätten; aher ist es schwer, dem Schluß zuzustimmen, daß wir jetzt afür büßen sollen.

Ein schwer industrialisiertes Indien, hinter dem dieser Bevölkerungsdruck steht, wäre eine Gefahr für die ganze Welt. Die Unruhen und die Unordnung, die der Zurückziehung der Briten folgten, scheinen wieder einmal die malthusianischen Bremsen aufzuerlegen, welche die vor-britische Bevölkerung Indiens in vernünftigen Grenzen hielt. Es ist wahrscheinlich, daß die Unruhen auch jede industrielle Entwicklung zunichte machen. Und das ist ein Resultat, das man nur innigst herbeiwünschen kann - wenigstens bis die Vereinten Nationen einen Mechanismus aufgezogen haben, der jeden Krieg unmöglich macht, oder bis die indische Bevölkerung wieder auf ein vernünftiges Maß gesunken ist.

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   Der Riesenbär  

 

Zu den geläufigsten Fehlbegriffen der Welt von heute gehört die Ansicht über den Reichtum der Sowjetunion. Sie ist ganz ohne Zweifel eine der reichsten Nationen auf der Oberfläche dieser Welt, aber das Wort "Reichtum" bleibt doch ein relativer Begriff, und manche Geographen behaupten, daß die UdSSR, schon heute übervölkert ist. Will man Reichtum nach dem Maßstabe messen, den unser "amerikanischer Lebensstandard" vorschreibt, so ist Rußland sicherlich bereits übervölkert; es besteht wenig Aussicht, daß es sein Volk jemals unserem Status anpaßt.

Die Ertragsfähigkeit der überwiegenden Menge des sowjetischen Bodens ist niedrig. In dieser Hinsicht kann man einen Vergleich mit Kanada ziehen - nicht mit den Vereinigten Staaten. Rußland besitzt unschätzbaren Mineralreichtum, aber man kann weder Nickel, noch Wolfram, noch Petroleum essen. Millionen sowjetischer Acker haben sehr kurze Wachstumszeiten und ungenügende Regenfälle. "Es ist ein seit langem anerkanntes klimatisches Gesetz, daß die Unterschiedlichkeit von Jahr zu Jahr um so größer ist, je niedriger die jährlichen Regenfälle sind; ebenso wahr scheint es zu sein, daß die Unterschiede in den Perioden zwischen den Frühlings- und Herbstfrösten um so größer sind, je niedriger die Jahrestemperaturen liegen14." Deshalb liegt ein großer Teil der UdSSR., der nicht überhaupt unzugänglich ist, durch seine klimatische Unsicherheit auf einer äußerst niedrigen Ertragsgrenze.

Nur wenige Landstriche im Westen und in den höheren Bergen haben mehr als zwanzig Zoll Regenfall. Mittelasien und Nordsibirien unterhalten ihre halbwüstenartige Vegetation bei nicht ganz acht Zoll. Die große Unterschiedlichkeit der Niederschläge hat wiederholt selbst in Rußlands produktivsten Gebieten Hungersnöte veranlaßt.

Der Mangel an Regen hat dreierlei Ursachen. Die erste ist die riesige Gebirgsschranke über der südlichen Seite; sie schließt die Niederschläge aus, die vom Indischen und Südpazifischen Ozean kommen könnten. 

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Die zweite ist die Unerreichbarkeit der nordpazifischen Feuchtigkeit, weil die See auf der verkehrten Seite des Kontinents liegt, und die Stürme durch zyklonische Bewegungen von Sibirien fortgetragen werden. Dadurch bleibt der Atlantische Ozean fast die einzige Quelle der Niederschläge; aber - und das ist der dritte Faktor -, der größte Teil des Landes liegt dem Atlantik so fern, daß diese Feuchtigkeitsmengen sich verlieren, ehe das Land davon profitieren kann.

 

Koeppens klimatische Einteilung zeigt, daß nahezu die Hälfte der Sowjetunion kurze und kühle Sommer hat, mit nur ein bis drei Monaten über fünfzig Grad Fahrenheit. Weitere 25% oder mehr bestehen aus Steppenland und Wüste.

Reichlich die Hälfte der Sowjetunion ist überwiegend Tundra mit gefrorenem Unterboden, Nadelwald auf saurem Boden oder Bergen. Sie besitzt den größten Holzreichtum der Welt - man schätzt ihn auf ein Fünftel der Totalmenge -, aber er liegt so weitab von jedem Transportwege, daß es praktisch unmöglich ist, ihn ökonomisch auszuwerten, sogar in einem sozialistischen Staat (1948). Westrußland importiert Holz von Finnland und Skandinavien!

Das große Gebiet östlich des Kaspischen Meeres ist größtenteils Wüste. Nördlich davon, sich nach Osten fast bis China ausdehnend, liegen die russischen Steppen, eine Landschaft mit kurzem Gras und nur zwölf bis sechzehn Zoll Regenfällen. Hier haben sich enorme Mengen von produktivem, körnigen Chernozemboden unter den Bedingungen geringer Niederschläge entwickelt. Sie sind reich an organischen und Bodennährstoffen. Gerade ihre Fruchtbarkeit ist ein Merkmal und ein Resultat des Fehlens auslaugender Regenfälle. Mit einer solchen Umwelt ist bisher noch kein Volk der Erde fertig geworden. Wir haben es zu unserem Leidwesen aus unseren Staubbecken gelernt, was geschieht, wenn der Pflug die Rasendecke aufbricht. Millionen Acker sanken dadurch in die Bodenklassen V bis VIII. Es ist vielleicht möglich, daß durch Bewässerung und sachkundiges Säen und Ernten auf wissenschaftlicher Basis der Boden gehalten werden kann. Diese Maßnahmen setzen jedoch voraus, daß kein starker Bevölkerungsdruck vorhanden sein darf.

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Die Wasserspiegel sind tief, aber hier wäre vielleicht ein Feld, wo man die Atomenergie nutzbringend zum Pumpen einsetzen könnte. Die Ausdehnung dieser Wasserflächen ist anscheinend nicht bekannt. Sicher ist, daß sie sich immer nur langsam nachfüllen, während die Verdampfung an der Oberfläche hoch ist. Dadurch wird das Problem der möglichen Erschöpfung des Grundwassers unmittelbar aufgeworfen, und es kann sehr wohl die ernste Schwierigkeit alkalischer Ablagerungen auf bewässertem Boden entstehen. Und offenbar ist es dies Gebiet, von dem die Sowjetregierung für die Ernährung ihrer rapide wachsenden Bevölkerung abhängig ist. Wenn die unsichere Spekulation auf die agrikulturelle Produktivität des Chernozembodens fehlschlägt und sich gegen Rußland kehrt, so dürfte der Welt soviel Unruhe bevorstehen, wie sie bisher noch nicht erlebt hat.

1928 hat man ausgerechnet, daß die UdSSR 433 Millionen Acker anbaufähigen Bodens besaß. 1940 waren hiervon 85% unter Kultur, was einen Durchschnitt von 2,2 Acker pro Kopf ergab, gegen 2,8 der Vereinigten Staaten.15. Demnach dürfte hier kein allzu großer Raum zur Expansion sein.

Die Ukraine, die Kornkammer der Sowjetunion, gleicht klimatisch und in der Vegetation den großen Ebenen Montanas und Saskatchevans mit ihrer nicht allzu günstigen Umwelt. Die weißrussische Agrikultur ist durch den nassen, sauren Boden scharf begrenzt; es ist ein Hinweis auf die Rückständigkeit dieses Gebietes, daß sowohl die Heime wie die elektrischen Anlagen vom Torf als Brennstoff abhängig sind. Das innere Sibirien besteht, wie schon erwähnt, hauptsächlich aus Wald und Wüste. Im Nordosten gibt es gutes Ackerland, aber die langen Winter und die trockenen Winde, die von der Mitte des Kontinents kommen, beschränken die Möglichkeiten zur Nahrungsproduktion. 

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Zudem tritt in diesem Gebiet eine nicht unbeträchtliche psychologische Erscheinung auf, die man die arktische oder sibirische Hysterie nennt. Die davon befallene Person 

"heult, schwatzt Unsinn, klagt und jammert, hat häufig Krämpfe und wirft sich von einer Ecke in die andere, bis sie schließlich erschöpft einschläft... Im nordöstlichen Teil Asiens sind alle Arten hysterischer Phänomena bei den Eingeborenen ungemein häufig, und tragen meistens einen epidemischen, ansteckenden Charakter". 

Die Hauptursachen dafür sollen Klima, Lebensweise, Arbeitsbedingungen, Ernährung, Eintönigkeit usw. sein.16.

Die ganze Zukunft der UdSSR, und ihre Beziehungen zu anderen Ländern der Welt hängt davon ab, ob sie mit der Landbewirtschaftung der Trocken­farmgebiete fertig wird. Am wissenschaftlichen Genie des russischen Volkes besteht kein Zweifel. Niemand versteht besser als die russischen Wissenschaftler die Grenzen, die ihnen durch Boden und Klima gesetzt sind. (Ob aber dieses Wissen die obersten Spitzen der Politbüros erreicht, ist sehr fraglich.) 

Man hat sie längst als Weltführer in der Bodenkunde anerkannt, und sie erkennen ihrerseits den wissenschaftlichen Imperativ bedingungsloser an als jedes andere Volk. Die Berichte, die zu uns kamen, ehe der eiserne Vorhang fiel, deuteten an, daß man höchst vielversprechende Schritte unternommen hatte, um zum mindesten einen langfristigen Waffenstillstand mit der feindlichen Umwelt zu schließen. Beispielsweise mußten die Pelzjäger Kastenfallen benutzen, die für jedes Tier harmlos sind, und die weiblichen Tiere sofort wieder zu Zuchtzwecken in Freiheit setzen. In den Vereinigten Staaten hatten wir große Schwierigkeiten, die Trapper wenigstens in der Jahreszeit zurückzuhalten, in der die Pelze noch nicht reif sind. Die Anwendung wissenschaftlicher Methoden kann vielleicht gefördert werden durch eine Diktatur, welche die Menschen zu gesunden Bodennutzungsmethoden zwingt - Menschen, die unter dem System des "demokratisch freien Wettbewerbs" den Boden zerstören würden, wie dies bei Millionen Ackern amerikanischen Landes geschehen ist; doch haben wir dafür noch keine Gewähr.

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Trotz scharfer Kontrolle der Regierung und hoher Wertung der Wissenschaft berichten Reisende, die aus den Sowjetrepubliken kommen, daß eine erhebliche Bodenerosion vorhanden ist. Wie zu erwarten war, neigen die Sowjetquellen dazu, allen Schaden, der hier angerichtet wurde, dem vormarxistischen System zuzuschreiben! Und es besteht auch wirklich kein Zweifel darüber, daß die Leibeigenschaft zu viele Bauern auf zu kleinen Bodenflächen zusammengezogen und dann, wie gewöhnlich, auf die erodierbaren Hänge getrieben hat.

In dem langen strengen Winter der UdSSR, dringt der Frost tief in den Boden und verhindert die Einsickerung des Schneewassers, wenn der Frühling das Land auftaut; daraus ergibt sich eine ernsthafte Rinnenerosion. (Die Schneeschmelze beträgt etwa ein Drittel der Gesamtniederschläge.)

"Im Süden und Südosten der UdSSR., wo das Klima kontinental ist, tragen starke, trockene, heiße Winde bei zur Entwicklung der Winderosion, der Staubstürme und der Verwehung des sandigen oder lehmig-sandigen Bodens. Im Winter ist die Winderosion weit verbreitet. Während harter Schneestürme reißt der Wind die Schneedecke ab, zerstört den Boden und vernichtet auf weiten Gebieten die Wintersaat. In solchen Wintern sind die Schneewehen mit Staub vermischt; die Felder sind nicht weiß, sondern schwarz . . . Vernichtende Wolkenbrüche, die den Boden erodieren, kommen am häufigsten in den südwestlichen Teilen Rußlands vor, innerhalb der Grenzen der Ukraine und Moldau, in verschiedenen Gebieten des Kaukasus, in Transkaukasien und im Fernen Osten. Auch das scharf gegliederte Relief des zentralen Rußland trägt zur Entwicklung der Erosion bei17." John Fischer berichtet: "Im wesentlichen ist nichts geschehen, um der Bodenerosion Einhalt zu gebieten . . . wohin ich im westlichen Rußland auch kam, ich sah niemals eine einzige Terrasse oder einen Auffangdamm. Das Konturpflügen ist völlig unbekannt18."

Die Vorteile, die eine wissenschaftlich orientierte Zentralregierung bietet, werden vermindert durch die Schwerfälligkeit einer Bürokratie, an deren Spitze meistens wissenschaftliche Ignoranten stehen, und die von Terror und Politik durchsetzt ist.

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Im Jahre 1946 tauchten viele Gerüchte von erheblichen Mißernten in der Sowjetunion auf; die Erklärungen hierfür häuften die Schuld auf die schwerfällige Überzentralisierung. Diesen Berichten zufolge hat man die Kontrolle über das Land immer mehr nach Moskau verlagert und hat den Punkt erreicht, wo die Kollektivfarmen nicht einmal ohne Befehl von oben ihre Einsaat vornehmen dürfen. Jeder, der mit der amerikanischen Bürokratie vertraut ist, kann sich leicht vorstellen, was bei einem solchen System bei uns passieren würde. In einem Lande, wo hinter der Schulter eines jeden Arbeiters der Polizeispitzel steht, wird dieses System schwerlich etwas anderes als ein Chaos zeitigen.

Während ich dieses Buch schreibe, kommen Berichte von einer russischen Rekordweizenernte, die für Europa zwei Millionen Tonnen verfügbar macht. Wenn wir von der niedrigen Produktionsquote von vierzehn Bushel pro Acker ausgehen, so repräsentiert diese Menge nur die Ernte von etwa fünf Millionen Ackern. Das ist für ein Land, dessen Bevölkerung sich geradezu explosiv ausdehnt, kein sehr eindrucksvoller Überschuß.

Es ist erstaunlich, daß Pragmatiker wie die sowjetischen Führer noch nicht zu einer weit realeren Bevölkerungspolitik gekommen sind. Mit ihren Hilfsmitteln können sie zwar für viele Millionen einen außerordentlich hohen Lebensstandard aufrechterhalten - niemals aber für so viele Millionen, wie sie in wenigen Jahrzehnten vermutlich ernähren, kleiden und beherbergen müssen. Ohne ein Inventar dieser Hilfsquellen - und noch ist keines gemacht worden, soweit uns das bekannt ist - können wir nur schätzungsweise ein Optimum erraten, das wahrscheinlich bei hundert bis hundertfünfzig Millionen Menschen liegen würde. Alles, was diese Grenze überschreitet, würde zu große Anforderungen an die Ertragsfähigkeit stellen und einen allgemein tieferen Lebensstandard hervorrufen. Moskau ist fraglos irregeführt durch die ökonomischen Gedanken des 19. Jahrhunderts und durch ein kindliches Vertrauen in die Technologie. 

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Es ist verständlich, daß der eine oder andere seiner führenden Männer hofft, Rußland könne sich durch die Welteroberung in andere Länder hinein ausdehnen. Natürlich gibt es wenige Gebiete, die noch nicht den Sättigungspunkt an Menschen erreicht haben.

Würde das Politbüro einige seiner vortrefflichen Sowjetökologen zu Rate ziehen - und es besitzt eine ganze Reihe -, so könnte es sich für die Zukunft ein paar sehr kummervolle Jahrzehnte ersparen.

Das südöstliche Asien ist mit Ausnahme von Java großenteils durch seine niedrige Ertragsfähigkeit charakterisiert. Auch hier begegnet man wieder den bekannten tropischen Erscheinungen ausgelaugten Bodens, rapider Oxydierung der organischen Stoffe durch hohe Temperaturen, und schwere, konzentrierte, erodierende Regengüsse.Theoretisch könnte freilich noch für Millionen Menschen Raum gemacht werden - in Thailand, Burma, Neu-Guinea, Borneo usw.

Eins der größten Hindernisse ist das traditionelle System des "Kaingin" - des Weiterwanderns der Agrikultur, das der Milpawirtschaft von Amerika ähnlich ist. Während dieser Plan des Abbrennens, Kultivierens und Brachliegen-lassens wahrscheinlich ganz befriedigend war, solange man eine Übermenge von Boden zur Versorgung der Bevölkerung hatte, kann bei einem Anwachsen der Kopfzahl von Brachliegenlassen und Erholung des Bodens keine Rede mehr sein. Bodenverarmung, Erosion und Hochwasser - vernichtend für die tiefliegenden Reisgebiete -werden in den kommenden Jahren vermutlich eher zu- als abnehmen.

Die Völker des südöstlichen Asien sehen sich jetzt Problemen wissenschaftlicher Natur gegenüber. Sie selbst haben wenige Wissenschaftler, um sie zu lösen - aber selbst wenn sie Wissenschaftler hätten, wären doch Jahrzehnte erforderlich, um die verwickelten Probleme der tropischen Umwelt zu entwirren. Und wären ihnen die besten wissenschaftlichen Techniken der Welt zugänglich, so könnten diese Asiaten sich doch nicht so weit über ihre Unwissenheit und ihren Aberglauben erheben, um wirklich einen Nutzen

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daraus zu ziehen. Jeder mögliche Fortschritt würde wieder durch ein Überquellen der Bevölkerung zunichte werden, solange sie unverkürzt ihre Vermehrung weitertreiben.

Im südwestlichen Asien - speziell in Palästina - finden wir eins der aussichtsreichsten Gebiete nicht nur des Kontinents, sondern der Welt. Auf den geschundenen Berghängen und den verschlammten Ebenen wiederholen die Juden mit dem toten Land das Wunder des Lazarus. Ich glaube, in unserm ganzen 20. Jahihundert haben wir bisher wenige so ermutigende Erfahrungen gemacht wie durch die Lektüre von Walter Lowdermilks "Palästina - das Land der Verheißung". Der Verfasser versäumt jedoch, einen Faktor in diesem ermutigenden Buch zu betonen, ja eigentlich überhaupt zu erwähnen: daß der Boden von Palästina nicht ausgelaugt ist. Gerade die Rauheit des halbtrockenen Klimas hat den Reichtum des Bodens bewahrt, bis er jetzt bewässert werden kann. Die Potentiale dieses Gebiets sind ungeheuer, obgleich auch hier wieder der Imperativ zu berücksichtigen ist: sowohl das Gebiet selbst wie das biotische Potential und die umgebungsmäßigen Widerstände setzen unüberschreitbare Grenzen.

Auch Palästina beweist, daß "anbaufähiges Land" eine Funktion der Farm wie des Farmers ist. Die hohe Intelligenz und der feste Charakter des modernen Juden stellt die Produktivität wieder her in einem Land, daß durch viele Jahrhunderte in anderen Händen sterile Wüste gewesen ist. In einer Welt, die zum größten Teil von Zerstörern bewohnt ist, ist dieser Gedanke geradezu eine Wohltat.

Australien hat so ziemlich den höchsten Lebensstandard der Welt erreicht, und zwar durch die wohlbekannte Methode des betrunkenen Seemanns: es streut sein Erbteil in alle Winde - buchstäblich genommen - und läßt es sich dabei gut gehen. Nach der Ansicht von E. S. Clayton liegen die Verhältnisse dort wie folgt: 

"In Australien findet man bereits die schlimmsten Beispiele von Winderosion, sowohl auf den Weiden wie auf dem Ackerland - schlimmere als in den Vereinigten Staaten und Kanada... Auch betreffs der Wassererosion sieht es böse aus. Sie ist noch nicht so fortgeschritten wie in den Vereinigten Staaten, aber das Land ist auch erst den dritten Teil der Zeit unter Kultur."

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In Mittelaustralien, westlich und südwestlich von Queensland, in Neu-Südwales, im Norden Südaustraliens und in Westaustralien ist eine bedrohliche Verschlechterung der Weiden zu verzeichnen. Die Kombination von Überweidung, Kaninchen und dürren Jahreszeiten hat eine langsame Zerstörung von "mehreren hunderttausend Quadratmeilen Weiden mit leichteren Viehbeständen" ergeben. In guten Jahreszeiten ist die entsprechende Verbesserung der Vegetation von einer geradezu explosiven Vermehrung der Kaninchen begleitet, welche in der unausbleiblich folgenden Trockenheitsperiode den Salzbusch und andere schützende Pflanzen schwer schädigen. Selbst die Akazien werden von den Kaninchen ringsum benagt und getötet. Wenn dann ein paar schlechte Jahreszeiten folgen, reißt der Mutterboden auf.

Im Gebiet von Mallee ist der Pflug der Übeltäter, der den Boden aufbricht. Die Farmer säen Weizen - und ihr Land wird weggeweht. Hohe Weizenpreise haben - ganz wie in unserm Westen - eine Expansion des Weizenanbaus in nassen Jahren und schwere Bodenerosion in dürren Jahren verursacht.

Im Weideland des halbtrockenen Südaustralien rechnet man, daß die Dichte der ursprünglich schützenden Vegetation um 75-90% verringert ist. Ein Teil dieses Gebietes, so glauben die australischen Wissenschaftler, wäre durch scharfe Reduzierung der weidenden Schafherden wiederherzustellen, aber andere Strecken können nur durch die Ausrottung der eingeführten Kaninchen gerettet werden19. Die eine Maßnahme dürfte sich als ebenso schwierig erweisen wie die andere. Der umgebungsmäßige Widerstand im größten Teil Australiens ist außerordentlich hoch, besonders wegen der mangelhaften und sehr unterschiedlichen Regenfälle, und die Bodenbehandlung durch die Europäer und ihre allzu hohen Anforderungen an die Erde haben diese Widerstände noch gesteigert. Auf riesigen Gebieten ist die Ertragsfähigkeit fast zu einem Nichts zusammengeschrumpft.

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Und mit dem Gras, den Wäldern und dem Boden ist auch das Wasser geschwunden. Was vom Himmel fällt, geht nicht in die Erde zurück. In vielen Gegenden haben die Australier die Torheiten der Kalifornier wiederholt; ihre Windräder saugten viel mehr Wasser vom Grundwasserspiegel weg, als in den Boden zurückging. Die Kaninchen, die Schafe und der Wind haben den Staub geschaffen. Kapitän Martins unter seiner gelben Staubwolke tausend Meilen im Meer macht keine andere Erfahrung als die Kongreßmänner von Texas und Oklahama und Nebraska, wenn sie zusehen, wie ihre Heimaterde schweigend auf Washington heruntersickert.

 

   Die Bevölkerung gefährdet das Weiterbestehen  

 

Manche Autoritäten auf dem Gebiet der Bevölkerungskunde sind der Ansicht, die größte Bedrohung des Weltfriedens läge in der Entwicklung der Industrie (Kriegspotential) in Indien und China.

Betrachtet man die sich rapide vermehrenden Völker in Beziehung zu ihrem degenerierten Land, so kann man diese Bedrohung nicht recht ernst nehmen. 

Malthusianische Mächte, die zu allerlei inneren Nöten beitragen, werden noch für viele kommende Jahrzehnte jede nennenswerte industrielle Entwicklung unmöglich machen. Für die Produkte östlicher Industrie werden keine großen Auslandsmärkte verfügbar sein, und eine innere Kaufkraft von fünf Cent pro Tag und Kopf dürfte kaum eine große industrielle Maschinerie in Gang setzen. 

Der britische Verzicht auf Indien kann sehr leicht die Folge haben, daß die Vermehrungs­tendenz der Bevölkerung sich ins Gegenteil verkehrt - was für dieses Volk so bitter nötig wäre, wenn es jemals zu einem einigermaßen menschlichen Lebensstandard kommen will. Aber die Bevölkerungsabnahme wird kein angenehmes Schauspiel für die Welt sein. 

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Wieviel besser wäre es für Indien gewesen, wenn eine kontrollierte Geburtenziffer seine Bevölkerung von vornherein in den Grenzen gehalten hätte, in denen der verfügbare Boden nicht nur genügend Nahrung guter Qualität und andere lebensnotwendige Produkte, sondern dazu noch einen Überschuß geliefert hätte, der die Annehmlichkeiten eines modernen guten Schulwesens und eines gewissen physischen Wohlstandes bestritte! 

Wieviel besser wäre es, die Geburtenziffer durch humane, relativ einfache Verhinderung menschlicher Überfruchtbarkeit zu verringern, statt die Sterblichkeitsziffer durch die Leiden des Krieges, der Hungersnot und der Seuchen zu erhöhen!

Nathaniel Pfeffer, einer der bestinformierten Chinaforscher des Westens, schrieb im Mai 1947 folgendes:

"Die Kommunisten scheinen zu denken, daß fortgesetzter Krieg unbedingt ökonomische Auflösung und nachfolgend den Sturz der Regierung nach sich ziehen muß; und danach würden sie die Macht erben. Der erste Teil dieser Überlegungen ist richtig. Wenn der Krieg zu lange dauert, könnte nur ein Wunder die wirtschaftliche Auflösung verhindern. Die Währung hat eine rein fiktive Basis. Die Städte, vom Landinneren und voneinander abgeschnitten, können nicht auf lange Sicht von ihrem eigenen Fett leben.
Es ist auch wahrscheinlich, daß mit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch die Regierung Tschiang Kai-Scheks stürzt; aber daraus ergibt sich nicht unbedingt, daß dann die Kommunisten im ganzen Lande an die Macht kommen. Wahrscheinlicher ist, daß China wieder in einzelne Gebietsabschnitte zerfällt, jeder unter einem <Kriegsherrn>, wie in der Vergangenheit. Damit hätte man einen staatlichen Rückschritt um zwanzig Jahre, mit einer Satrapenherrschaft über ein nur nominell geeignetes Land. Es ist sogar möglich, daß Tschiang Kai-Schek und sein Kreis sich im unteren Jangtsekiangtal mit seinen reichen Industriestädten verschanzt. 
Eins ist sicher: keine der beiden Parteien wird einen endgültig entscheidenden Sieg erringen."20) 

Binnen drei Tagen nach der Veröffentlichung von Dr. Pfeffers Artikel brachten die Zeitungen Berichte über Reisrevolten in chinesischen Städten. Es besteht wenig Hoffnung, daß die Welt den Schrecknissen ausgedehnter Hungersnöte in China innerhalb der nächsten paar Jahre entgeht. 

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Aber im Interesse derselben Welt mag das sogar wünschenswert, ja unentbehrlich sein. Eine chinesische Bevölkerung, die sich in geometrischen Zahlen weiter vermehrt, könnte nur zu einer globalen Katastrophe führen.

Die Mission General Marshalls in diesem unglücklichen Land wird allgemein als "fehlgeschlagen" bezeichnet. Hätte sie Erfolg gehabt, so hätte ein furchtbares Unglück daraus werden können.

Viel gefährlichere Gebiete in Asien scheinen jedoch Japan und die Sowjetunion zu sein. Wenn Japan in den engen Schranken gehalten wird, in die wir es jetzt hineingezwungen haben, wenn wir es weiterhin vom Welthandel abschneiden und ihm weiterhin den Wiederaufbau seiner Industrien untersagen, so kann es nur als Kulistaat fortbestehen, obgleich es selbst dabei noch mit Hungersnöten rechnen muß, sofern es nicht unverzügliche und wirksame Maßnahmen zum Aufhören seines Bevölkerungszuwachses ergreift. 

Versuchen wir aber seinen Lebensstandard so weit zu heben, daß eine Demokratie möglich wird, so bleibt Japan eine Bedrohung für die Welt - wenn die Volksziffer nicht beschränkt wird. Es hat im eigenen Land einfach nicht die Hilfsquellen, achtzig Millionen Menschen zu ernähren. Es hat nicht die Rohmaterialien, die seine Industrie braucht. Dafür aber hat es die Erinnerung an eine unerhörte Entwicklung vom präindustriellen Feudalstaat zu einer Weltmacht in einer Periode von nur fünfundsiebzig Jahren. 

Will Japan jemals wieder etwas Ähnliches erreichen wie seinen früheren Stand als industrielle Weltmacht, so muß es sich entweder einer harten Überwachung unterwerfen, die sein Kriegspotential nicht aufkommen läßt, oder seine Bevölkerung müßte durch Senkung der Geburtenziffer systematisch reduziert werden, bis es allmählich wieder in die Lage kommt, sich selbst zu versorgen, wie dies vor 1880 der Fall war. Auf eine Bevölkerung von etwa der Ziffer Skandinaviens herabgesetzt, könnte es einen ehrenvollen Platz in der Welt einnehmen - der vielleicht dem Skandinaviens ähnlich wäre.

Die größte Bedrohung in Asien - und das ist ein Faktor, dem man bisher anscheinend wenig öffentliche Aufmerksamkeit geschenkt hat - ist der steigende Bevölkerungsdruck in der Sowjetunion. Die Sowjetproduktivität pro Mann und pro Acker hat niemals die niedrigsten Zahlen überschritten, welche die Wirtschaftler angaben. Die Sowjetunion hat eine ganze Reihe von Hungersnöten erlitten, sowohl vor wie nach der Revolution. Sie hat sich jetzt wohlüberlegt dem Programm der Bevölkerungsexpansion verschrieben. Dieses Programm muß zwangsläufig als Mittel zur Vergrößerung der Roten Armee aufgefaßt werden.  

Aber gleichviel, welche Motive hier sprechen - es führt dahin, daß die Sowjetrepubliken im Jahre 1950 bereits 200 Millionen Einwohner und fünf Jahre später 210 Millionen Einwohner haben werden. Am Ende unseres Jahrhunderts würden danach rund 300 Millionen Russen vorhanden sein. Diese müßten sich von 433 Millionen Ackern anbaufähigen Bodens ernähren. 

Wir haben eingehend ausgeführt, daß dieser anbaufähige Boden beträchtlichen Unterschieden in der Länge seiner Wachstumperioden unterliegt, daß er ein Opfer immerw iederkehrender vernichtender Dürren und schwerster Erosionsvorkommen ist. Sollten diese ungünstigen Faktoren innerhalb der nächsten Jahrzehnte auf weiten Gebieten zusammentreffen, so wird die ganze Welt zu ihrem Leidwesen lernen müssen, was das Wort "sowjetische Übervölkerung" bedeutet, das jetzt nur eine Hypothese für einige wenige Geographen ist. Glaubhafte Zeugnisse einer langen Reihe gut informierter ernsthafter Leute berichten immer wieder, daß das Volk der Sowjetunion keinen Krieg will.

Wenn das zutrifft, so ist es jetzt an der Zeit, sich vor der gewaltigsten aller Kriegsursachen zu sichern - vor der Übervölkerung.

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 William Vogt   Road to Survival   Die Erde rächt sich   1948