John Brunner

Schafe
blicken auf

(1972)

Zukunfts-SciFi-Roman


 

wikipe  Autor *1934 in
Südengland bis 1995 (60)

Schafe blicken auf - Bing  

wikipe  Morgenwelt  (1968)


 detopia: 

Utopiebuch    

B.htm

 

 

aus wikipedia-2024

Brunner war in seiner Kindheit oft krank. Während der erzwungenen Bettruhe entdeckte er das Lesen als Zeitvertreib und verschlang Jules Verne, H. G. Wells und die Pulps. Nach dem Schulabschluss studierte er Moderne Sprachen am Cheltenham College und verließ es 1951, ohne das ihm angebotene Stipendium für Oxford in Anspruch zu nehmen. Er hatte beschlossen, stattdessen Schriftsteller zu werden. Seinen ersten Roman, Galactic Storm, verfasste er mit 17 Jahren und konnte ihn tatsächlich unter dem Verlagspseudonym Gill Hunt veröffentlichen. Das Honorar investierte Brunner in seine erste Schreibmaschine. Seine erste SF-Story Thou Good and Faithful erschien 1953 in John W. Campbells Magazin Astounding, im selben Jahr erschien mit The Wanton of Argos auch sein erster Roman in den USA (der Text wurde später zu The Space-Time Juggler erweitert).

1953 bis 1955 leistete Brunner seine Wehrpflicht bei der RAF ab, was er als die nutzloseste Zeit seines Lebens bezeichnete und zu einer tiefsitzenden und konsequenten Abneigung gegenüber dem Militär führte. Nach seinem Abschied von der Armee zog er nach London, um hier als freiberuflicher Autor zu leben. Zwar schrieb er sehr viel, musste aber angesichts der schlechten Bezahlung doch immer wieder Gelegenheitsjobs annehmen, um über die Runden zu kommen. Er heiratete am 12. Juli 1958 die zwanzig Jahre ältere Marjorie Rosamond Sauer und konzentrierte sich ab seinem 24. Lebensjahr auf die hauptberufliche Schriftstellerei, denn seine Frau kümmerte sich von nun an um alles Geschäftliche. Sie hatten jetzt ein Auskommen, auch wenn das bedeutete, dass Brunner in rund sieben Jahren 27 Romane produzieren musste, die bei Ace Books erschienen (teilweise unter Pseudonym).

Brunner engagierte sich zusammen mit seiner Frau in der britischen Ostermarschbewegung. 1959 veranstalteten sie eine auch in der Bundesrepublik Deutschland gezeigte Ausstellung über atomare Abrüstung. Für den Protestsong The H-Bomb Thunder schrieb Brunner den Text.

1972 nahm er als offizieller Beobachter an der Weltfriedenskonferenz in Moskau teil.

Im August 1970 war Brunner Toastmaster der 28. World Science Fiction Convention in Heidelberg.

Mitte der 1960er Jahre begann der Autor zu experimentieren. So veröffentlichte er 1965 den Roman The Squares of the City, der nach einem Schachspiel konzipiert war, und 1968 das Meisterwerk Stand on Zanzibar (dt. Morgenwelt), das alle wichtigen Preise, unter anderem den Hugo Award, gewann und als einer der Meilensteine der SF gilt.

Die hier angewendeten Techniken der literarischen Collage finden sich auch in anderen Werken dieser Phase, etwa in The Sheep Look up (1972, dt. Schafe blicken auf).

Parallel zu diesem und anderen Beispielen ausgefeilter, künstlerisch hochstehender SF-Literatur (The Jagged Orbit, 1969; dt. Ein irrer Orbit oder Das Gottschalk-Komplott und The Shockwave Rider, 1975) schrieb er unaufhörlich weiter anspruchslose Massenware, um Geld zu verdienen.

Er selbst sagte dazu: „Ich lebe in einem System, das mich zwingt, mein Auskommen durch meine Arbeit zu verdienen. Ich backe sozusagen Brötchen und ich backe Torten. Von den Brötchen lebe ich.

Selbst Fantasy und Krimis finden sich unter seinen Büchern.

Brunners Gesundheit verschlechterte sich in den 1980er Jahren rapide, und er hatte massive Probleme mit extremem Bluthochdruck. Die Zahl seiner Veröffentlichungen sank, und er versuchte es jetzt auch mit historischen Romanen wie The Great Steamboat Race. Auch geschäftlich ging es bergab, insbesondere nach dem Tod seiner Frau im Jahre 1986, als er sich plötzlich ohne regelmäßiges Einkommen sah. Fünf Jahre später, am 27. September 1991, heiratete er seine zweite Frau, die chinesische Einwanderin Li Yi Tan, und starb schließlich im Jahre 1995 in Glasgow an einem Schlaganfall, als er an der World Science Fiction Convention teilnahm.


 

 

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Die Gegenwart der vergangenen Zukunft
Hermann Haydn 13. Oktober 2017
Die Gegenwart der vergangenen Zukunft

Der britische Science- Fiction-Autor John Brunner schuf bereits im Jahr 1972 mit „Schafe blicken auf“ (The Sheep Look Up) eine bleibende Mahnung für die Ewigkeit. Bewahrheitet hat sich seine dürstere Vision unserer Gegenwart zum Glück nicht. Manchmal ist es ein Buch wert, dennoch nicht vergessen zu werden: Unbedingt mal wieder lesen!

Er machte es seinen Lesern mit „Schafe blicken auf“ nicht leicht, John Kilian Houston Brunner, geboren 1934 in Oxfordshire und nach Ruhm und Anerkennung 1995 eher elend abgetreten am Rande eines Sci-Fi-Kongresses in Glasgow. Dem inhaltlich sperrigen Titel aufblickender Schafe folgt auf 416 literarisch und psychisch anstrengenden Seiten ein deprimierend hoffnungsloses Bild moderner Zivilisation in einem scheinbar verqueren Montagestil aus unzähligen Charakteren, unzähligen Schauplätzen, unendlichen Handlungssträngen und historischen Querverweisen mit Blick auf die oft genug kulturell akzeptierte Dummheit der Menschen.

Ein wirres Bild. Meint man erst. Wer überdies ein anfängliches Randgeschehen im ganzen Wust aus Unglücken und Dramen zu flott überfliegt, einen Unfall auf dem Highway, dem verbirgt sich künftig ein Grund (in der durchaus stringenten Thriller-Handlung) für den akut ausbrechenden Wahnsinn der Welt bis zum bösen – oder guten? – Ende. Wer weiß es schon so genau. Es gehen viele Fragezeichen hoch.

Den Leser dieser Buchrezension sei das zunächst erspart. Erst das Zusammenfassbare statt dem Unfassbaren. Geschildert wird die Zukunft.

Es ist die Zeit, als gerade die Mikrowelle aus boomender Technik nebst einem neuen ökologischen Denken aus alter Hippiezeit erwachsen. 1972 verfasst, 1978 in Deutschland erschienen. Da rührte sich viel und Science Fiction war durchaus ein mahnendes Genre; … und nicht nur Action-Laserschwert.

John Brunner fragte sich also: Was kann aus dieser Welt werden? Vielleicht in zehn oder etwas mehr Jahren. Er breitet ein düsteres Szenario aus. Dicke Luft, verseuchte Meere, Menschen im Konsumwahn ohne innere Wertigkeit, eine ignorante Medienlandschaft, gierige Konzerne und ein machtversessener Präsident in den USA. Darum kreist die Handlung zumeist. Da herrscht die Hybris, dass es nicht so schlimm kommen kann, solange neue Filtertypen entwickelt werden und die stärkste Militärmacht für Gerechtigkeit in der Welt sorgt. Dann kommen ein paar positive Helden ins Spiel, die biologisches Gemüse züchten, aufklären, informieren, demonstrieren; oder sich in Überspitzung ihrer guten Idee radikalisieren. So weit wäre alles drin. Hollywood würde den Helden siegen lassen. Hier wird der eher nebenbei von einer gesprengten Betonmauer erschlagen, während sich der Bombenleger gerade auf ihn moralisch beruft. Und in einer der vielsagendsten Szenen des Buchs möchte die innerlich längst zerstörte Jugend des Landes sich einem nie endenden psychedelischen Rausch hingeben, weil diese Welt nur noch im Wahn erträglich sei. Hollywood kommt also, so viel sei verraten, nicht zum Zug.

Was soll das? Diese beschriebene Zukunft Brunners vor der Jahrtausendwende ist doch Vergangenheit. Wir hatten Millennium und Aufbruch; positive Stimmung, Katalysatoren. Hat sich Brunner also nicht erübrigt? Der alte Miesmacher!

Zurück in die Gegenwart
Es ist gar kein Drama, wenn die Handlung selbst zu gut versteckt bleibt. Das „Kakodoskop“ (das miese Gegenteil eines Kaleidoskops) des Untergangs vermittelte sich auch so. Es ist eine komplexe Welt, in der wir leben. Die rosarote Brille wird vom Kopf gerissen: „Schaut auf Eure Zeit!“ Zurück vom Thriller in die Gegenwart: Zieht sich der reiche Westen den Zorn der unterdrückten und ausgebeuteten Welt irgendwann auf sich? Flüchtlingsströme, Terror, Krieg; wenn die Verzweiflung stärker wächst als das Waffenarsenal? Wie sensibel ist das Netz des dekadenten Luxus gestrickt, wenn ein winziger ökologischer Negativfaktor zu viel Versorgungssicherheit von Metropolen einknicken lässt wie ein Kartenhaus? Und dann tritt als aktualisierter Weltsheriff auch noch ein Trump auf den Plan, der Lösungen im extrakurzen „Tweet-Format“ anbieten zu können glaubt. Der meint, mit Mauern Probleme aussperren und mit Atombombendrohungen gegen einen weiteren Wahnsinnigen die Angst der Menschen vermindern zu können.

„Schafe blicken auf“ überzeichnet im Vergleich dazu extrem. Es bleibt dennoch ein Lehrstück, das seine Aktualität nie verliert und dem Glauben, dass schon alles selbst gut werden wird, einen erschütternd bewusst machenden Zerrspiegel vorhält; von dem schließlich nur ein deprimierender Scherbenhaufen übrig bleibt: Will die Welt es so weit kommen lassen? Die Frage bleibt immer bestehen. Heute ist sie wieder einmal ganz aktuell.

Der Titel des Romans bezieht sich übrigens schon auf eine Endzeitvision aus dem Jahr 1637.

HERMANN HAYDN
Geboren 1967 mitten im tiefsten Bayerischen Wald, im Dörfchen Rosenau, zog es ihn zur humanistischen Bildung nach Passau, gefolgt von Studium der Politikwissenschaften, Soziologie und Volkskunde mit Zielrichtung Journalismus. Nach gut 20 Jahren als freier Journalist, Redakteur, Satzleiter einer Anzeigenblattabteilung und PR-Autor im klassischen Print-Bereich macht er sich gerade auf, auch die crossmedialen Pfade online zu beschreiten.

 

 

    

 

 

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